Schwäbische Zeitung (Biberach)
Polizei fahndet nach Wolfstöter
Tat am Schluchsee gibt Rätsel auf – Auch in Bayern wieder Streit wegen Raubtieren
WANGEN - Sollte der Wolfstöter vom Schluchsee erwischt werden, könnte er für bis zu fünf Jahren hinter Gittern verschwinden. Das Bundesnaturschutzgesetz würde eine solche Strafhöhe durchaus hergeben. Ob der Täter aber dingfest gemacht werden kann, ist fraglich. Indes gibt es für Wolfsfreunde aber auch eine gute Nachricht. Im Bayerischen Wald hat es Nachwuchs gegeben. Wobei die drei Welpen sofort politischen Streit ausgelöst haben.
Im Fall des Schluchsee-Wolfs ermittelt das Polizeipräsidium Freiburg. Es verweist darauf, dass die „Spurensicherung schwierig ist“. Der Grund dafür: Der Fund des Wolfes liegt mehr als vier Wochen zurück. Die tödliche Kugel in seinem Leib wurde aber erst jetzt gefunden.
Den Schluchsee im Südschwarzwald umgeben Berge mit viel Forst. Die Gegend ist dünn besiedelt, im Wald hat das Wild weite Rückzugsgebiete. Hirsche finden sich dort. Selbst der selten gewordene Auerhahn kann entdeckt werden. Ende Juni, Anfang Juli dürfte sich dann der besagte Wolf dazugesellt haben.
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildforschung in Berlin stellte später bei der Untersuchung des Kadavers fest, dass es sich um einen jungen Rüden handelte. Anhand der DNA konnte er zu einem Rudel in Niedersachsen zurückverfolgt werden. Das Tier war also 600 Kilometer nach Süden gewandert. Irgendwo im Schluchsee-Gebiet traf ihn dann Anfang Juli eine Kugel in die Leber. Am 8. Juli wurde das tote Tier unweit der Staumauer gesichtet.
Zu der Zeit hätte man vielleicht mit der Hilfe von Hunden noch eine Blutspur finden können. Woraufhin eventuell der Tatort entdeckt worden wäre. Dass aber jemand den Rüden erschossen haben könnte, wollte sich damals noch niemand vorstellen. Wölfe sind streng geschützt. Des Weiteren gibt es auch in BadenWürttemberg ein Management, um ihre Wiederansiedlung zu begleiten. Sie ist grundsätzlich nicht nur von Ökoverbänden erwünscht, sondern auch von der Landesregierung.
Jäger unter Verdacht
Wolfsgegner werden hingegen in den Kreisen der Jägerschaft sowie der Bauern vermutet. Nach dem Kugelfund sind aber wegen der Verfügbarkeit von Waffen zuerst die Weidmänner unter Verdacht geraten. Ihre baden-württembergische Dachorganisation wehrt sich. „Wir sind sehr verärgert, dass jemand einen Wolf erschießt“, sagte Erhard Jauch der Presse. Er ist Hauptgeschäftsführer des Landesjagdverbandes. Jauch bezeichnete jeglichen Verdacht in Richtung Jäger als „reine Spekulation“.
Nun nimmt der Landesjagdverband am Wolfsmanagement teil und betont regelmäßig, kein tiefer gehendes Problem mit dem Wiedereinbürgern zu haben. Er zahlt auch in die Kasse für die Bewältigung möglicher Konflikte bei einer Wolfsanwesenheit. Hier geht es unter anderem darum, Herdenschutzmaßnahmen zu finanzieren. So sollen Zäune die Weidetiere vor dem Wolf schützen. Bei Wolfsrissen sind Entschädigungen für den Tierbesitzer vorgesehen.
Ob der Landesjagdverband aber für alle Mitglieder bürgen kann, ist offen. Allein die fürs Schluchseegebiet zuständige Jägervereinigung Hochschwarzwald zählt fast 300 Mitglieder. Generell ist es so, dass einzelne Weidmänner hinter vorgehaltener Hand durchaus ihre Wolfsabneigung klarmachen. Demnach hat das Tier keinen Platz in der heutigen Kulturlandschaft. Im Blick haben die Jäger hierbei den Wildbestand. Der Wolf beeinflusst ihn natürlich.
Gegen eine „Willkommenskultur“
Offen machen Bauernverbände Front gegen die Raubtiere. Erst im Herbst hieß es: „Der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband fordert von Politik und Gesellschaft, von einer Willkommenskultur für Wölfe Abstand und die Sorgen der betroffenen Landwirte ernst zu nehmen sowie bei wiederholten Angriffen von Wölfen auf Nutztierherden unbürokratisch die Entnahme dieser Wölfe aus der Natur zu erlauben.“
Als dieser Tage bekannt wurde, dass ein Wolfspaar im Bayerischen Wald Nachwuchs bekommen hat, war die Aussage von Bauernseite eindeutig: „Mir wäre lieber, wenn außer dem Nationalpark der ganze Bayerische Wald wolfsfreie Zone wäre“, betonte Roland Graf, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands im Landkreis Regen.
Für ihn und seine dortigen Berufskollegen hat das Wort Wolfsnachwuchs keinen poussierlichen Nachklang. Im Gegenteil: Es klingt nach Rudelbildung, also dem Entstehen von Familienverbänden. Dies ist der Punkt, an dem Wölfe in einer Region wirklich heimisch geworden sind. Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) hat seiner Klientel dann auch flugs politische Unterstützung zugesagt. Er verspricht „wolfsfreie Gebiete“.
Umweltschützer haben hingegen positiv auf die Nachricht aus dem Bayerischen Wald reagiert. „Der Wolf gehört zu Bayern“, heißt es lakonisch vom dortigen Bund Naturschutz. Dessen baden-württembergischer Schwesterverband BUND fordert indes mit Blick auf den gewilderten Schluchsee-Wolf „eine landesweite polizeiliche Sonderermittlungseinheit mit speziell geschultem Personal für Fälle illegaler Tötungen streng geschützter Arten“.