Schwäbische Zeitung (Biberach)
Von Gänsehaut, Taktik-Hipstern und Fahrradketten
Natürlich soll es in dieser Kolumne auch in dieser Saison um das Geschehen in der Bundesliga gehen. Beginnen wollen wir aber mit der Bezirksliga. Oder besser: Mit dem Bezirksligakicker
vom SV Beuren. Der war dank eines formidablen Fallrückziehers aus der letzten Saison vom ZDF ins Sportstudio eingeladen worden, seine Treffkünste an der Torwand unter Beweis zu stellen. Der 30-Jährige aus Christazhofen schlug sich super, traf dreimal und schlug Studiogast
die weder oben noch unten ins Runde traf. Womit Karrer zumindest ein bisschen Bundesligaluft geatmet hat. Die Schiedsrichterin war am Samstag vor ihrem Auftritt beim ZDF zwar beim Drittligaduell zwischen Großaspach und Aalen im Einsatz, doch grundsätzlich ist sie die erste Schiedsrichterin der Bundesligageschichte. Ihr Debüt auf dem Rasen folgt. Auf die Frage, ob sie jenen etwas beweisen wolle, die aus schon vorgestern dämlichen Prinzipien Frauen als Spielleiter ablehnen, antwortete Steinhaus: „Das Gefühl habe ich gar nicht. Ich mache ja nichts anderes als die letzten 20 Jahre auch: Ich gehe da raus und leite Spiele, das ist nicht brandneu. Es ist halt jetzt eine andere Liga.“
Chris Karrer Bibiana Steinhaus, Domenico Tedesco
trägt weder langen Hipsterbart noch Hornbrille. Doch seit der kalabrische Schwabe die Taktiktafeln beim FC Schalke übernommen hat, scheint Königsblau die Lieblingsfarbe aller TaktikHipster geworden zu sein. Schalke ist plötzlich cool, in einschlägigen Blogs und Podcasts wird die Mannschaft, die letzte Saison durch reichlich uninspirierte Auftritte auch den eigenen Anhang enervierte, schon als Geheimfavorit auf den Titel gehandelt. Und alles nur wegen Tedesco, dem Einserschüler aus Esslingen, der so leidenschaftlich und anschaulich über Taktik reden kann wie Foodies übers Essen und Fashionistas über die neuesten Wolltrends – und das in fünf Sprachen. Nach dem hart erkämpften 2:0 im Topspiel gegen RB Leipzig sagte Tedesco allerdings: „Ich habe nichts gemacht. Es war eine leidenschaftliche Partie von uns. Deswegen haben wir gewonnen. Der Grund war das Marschieren der Mannschaft und nicht der Matchplan.“
Timo Werner
Seit sich in der Hinrunde der letzten Saison im Spiel gegen Schalke im Strafraum fallen ließ und einen Elfmeter schindete, ist Leipzigs Stürmer für die Schalker so etwas wie ein rotes Tuch. Oder doch ein schwarzes? Als am Samstag auf der Videowand im Schalker Stadion die Gästespieler mit Foto gezeigt wurden, war Werner nicht zu erkennen. Gesicht, Körper, Arme, Beine: eine schwarze Fläche. Absicht? Schalke-Manager Christian Heidel: „Das hat mich sehr geärgert. Leider hat die DFL zu zwei der RB-Spieler keine Fotos geschickt, einer war Timo Werner. Aber das hätte man dennoch besser lösen können", sagte er der „Bild am Sonntag“. RB-Sportdirektor einst selbst zweimal Trainer auf Schalke, reagierte recht gereizt: „Dass das kein Zufall war, ist klar. Die hätten problemlos ein Autogrammbild von ihm aus der vergangenen Saison nehmen können“, sagte er bei Sport1.
Nach seinem Tor zum 2:0 beim 3:0 des BVB in Wolfsburg küsste
den Trauerflor, den jeder Spieler am Wochenende in Gedenken an die Opfer des Terroranschlags von Barcelona am Donnerstag trug. „Das Tor war für meine Landsleute, für alle Katalanen, für alle Spanier“, sagte Bartra, der bis 2016 für Barcelona spielte. Ein Gänsehautmoment, der noch mehr unter die Haut ging, weil Bartra beim Anschlag auf den BVB im Frühjahr selbst schwer an der Hand verletzt worden war.
Bartra
Das Zitat der Spieltages kommt von Rekordnationalspieler
ohnehin ein Meister der Fußballsprüche: Bei Sky sagte er während der Diskussion um einen Elfmeter: „Wäre, wäre, Fahrradkette, so ungefähr“, schon aber noch schnell hinterher: „Oder wie auch immer.“
Ralf Rangnick, Marc Lothar Matthäus,
Chris Karrers Auftritt im ZDF-Sportstudio im Video: schwäbische.de/karrer