Schwäbische Zeitung (Biberach)
Mehr als 5000 Besucher im Jugendhaus
Mitarbeiter haben viel zu tun: Im „9teen“in Biberach sind täglich rund 70 Gäste.
BIBERACH - Das Biberacher Jugendhaus kommt richtig gut an: Mit mehr als 5000 Besuchen seit Eröffnung Anfang April sprechen die Verantwortlichen von einem großen Erfolg. Im Durchschnitt kommen täglich 71 Jugendliche ins „9teen“in die Breslaustraße 19. Freitags und samstags sind es meist um die 100 Jugendliche, die im Jugendhaus ein zweites Zuhause gefunden haben. Für den Verein Jugend Aktiv und auch die Stadt Biberach ist das ein tolles Zeichen, doch die Mitarbeiter stoßen an ihre Grenzen.
„Es ist wirklich sehr positiv, was wir hier täglich erleben. Wir freuen uns über die vielen Jugendlichen, die kommen“, sagt Wolf König, Geschäftsführer von Jugend Aktiv. „Aber die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter ist doch sehr hoch. Am Wochenende arbeiten wir in Doppelbesetzung.“Deshalb mussten die Öffnungszeiten bereits angepasst werden. Mittlerweile hat das „9teen“am Dienstag geschlossen. „Das ist natürlich nicht so toll. Aber es ging nicht anders“, sagt König. Denn 1,5 Stellen seien, was die Stunden anbelangt, schnell ausgeschöpft.
Ob die 1,5 Stellen möglicherweise zu wenig sind? „Das können wir jetzt noch nicht sagen, wir sind noch in der Anfangsphase und wissen nicht, wie sich alles entwickelt“, so der Jugend-Aktiv-Geschäftsführer. Das sieht Tanja Kloos, Leiterin des städtischen Amts für Bildung, Betreuung und Sport, genauso: „Wir sind momentan noch in der Testphase. Es ist das erste Mal, dass die Stadt ein Jugendhaus einrichtet, wir müssen jetzt erste Erfahrungen sammeln.“Dass das Jugendhaus allerdings so gut angenommen wird, damit hätte auch Tanja Kloos nicht gerechnet: „Es freut uns aber sehr. Wir hatten schon Angst, dass das Jugendhaus für knapp vier Millionen Euro möglicherweise leersteht.“
Pädagogischer Auftrag ist wichtig
Genau das Gegenteil ist der Fall. Drei Wochen nach der Eröffnung waren am Samstag mehr als 200 Besucher im Jugendhaus. „Hier ist an den Wochenenden richtig was los“, sagt Wolf König. „Das Problem ist dann, dass wir unserem pädagogischen Auftrag nicht nachkommen können. Wir sind noch nicht in vollem Umfang dazu gekommen, Projekt- und Gruppenarbeiten anzubieten, bisher war einfach keine Zeit dazu.“
Das spürt auch Jugendhausleiterin Özlem Cakmak-Bäuerle: „Wir sind überrannt worden von den vielen Jugendlichen, was auch super ist. Aber damit mussten wir erst einmal klarkommen.“Sie ist die Hauptansprechpartnerin für die jungen Besucher. „Am Anfang war das schon alles ziemlich wild, hier wurden teilweise auch kleine Machtkämpfe ausgetragen, aber jetzt hat sich das alles beruhigt“, sagt Özlem Cakmak-Bäuerle. Von den Jugendlichen, die täglich kommen, sind rund 95 Prozent Stammbesucher. Ebenfalls bei rund 95 Prozent liegt der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund. „Hier kommen ganz viele verschiedene Nationalitäten zusammen“, so die Jugendhausleiterin. „Das ist auch das Schöne an meiner Arbeit.“Viele der Jugendlichen hätten ein eher schwieriges Sozialverhalten. „Um die müssen wir uns besonders kümmern“, sagt die Sozialpädagogin. Inzwischen habe sie bereits ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern und Jugendlichen aufgebaut: „Ich bin sehr gespannt, wie sich die Arbeit hier weiterentwickelt.“
Jugendarbeit in ständigem Wandel
Bei der offenen Jugendarbeit gebe es eben nicht das eine Konzept, das angewandt wird: „Jugendarbeit ist in einem ständigen Wandel. Wir müssen sehr flexibel sein und auf die Wünsche und Bedürfnisse der Jugend eingehen. Und das ist auch völlig okay“, sagt König. Wichtig sei ihm jetzt, dass es so positiv weitergehe, wie es begonnen hat und dass es bald viele
Angebote im Biberacher Jugendhaus gibt: „Am besten natürlich von den Jugendlichen selbst initiiert.“Denn das sei es, was ein Jugendhaus unter anderem biete: eigenverantwortliches Handeln.
Das ist auch das persönliche Ziel der Jugendhausleiterin: „Die Jugendlichen sollen wissen, dass sie hier eine Stimme haben. Sie sollen bei allem mitbestimmen, was hier passiert.“Ihr nächstes Ziel ist es, ehrenamtliche Helfer für die Theke zu finden. „Irgendwann ist uns aufgefallen, dass wir ständig am Bedienen sind und das sollte nicht unsere Hauptaufgabe sein“, sagt Özlem Cakmak-Bäuerle.
„Wir wollen damit das Ehrenamt fördern, aber natürlich müssen wir die Kids anleiten und betreuen.“Es seien Babyschritte, die jetzt im Jugendhaus gemacht werden, „aber die sind eben wichtig. In fünf Jahren sieht bestimmt alles ganz anders aus.“