Schwäbische Zeitung (Biberach)
Befreiungsschlag
Kesha zeigt sich auf „Rainbows“musikalisch gereift
RAVENSBURG (dre) - Das Dollarzeichen im Künstlernamen hat sie durch ein simples S ersetzt, die flachen Partyhymnen sind mutmachenden Selbstbestärkungs-Songmanifesten gewichen: Die amerikanische Popsängerin Kesha erfindet sich auf ihrem dritten Studioalbum „Rainbow“neu – und überrascht mit kuriosen Studiogästen wie den BoogieVerrückten Eagles of Death Metal und Country-Legende Dolly Parton.
Ein Blick zum Streamingdienst Spotify: Von den fünf meistgespielten Kesha-Songs stammen vier vom neuen Album. Kein Wunder: Der Stilwechsel tut der 30-Jährigen gut. Die Sängerin, die auch schon Hits für Britney Spears und Miley Cyrus geschrieben hat, schwimmt sich frei von der Vergangenheit. Und damit auch von einem zermürbenden Rechtsstreit mit ihrem früheren Produzenten, dem sie vorwarf, sie sexuell missbraucht zu haben.
So gibt es mit dem eröffnenden „Bastards“gleich eine Aufforderung, sich nicht runterziehen zu lassen von negativen Menschen – vorgetragen natürlich mit nicht ganz jugendfreier Sprache. Beibehalten hat Kesha ihre schnodderige Sprache. „Let Them Talk“schlägt in dieselbe Kerbe und ist wie „Boogie Feet“eine Kollaboration mit den Eagles of Death Metal, die für gitarrenlastige Neuerungen im Sound sorgt. Daneben gibt es mit dem Titelstück und dem feministischen „Woman“eindrückliche Statements einer Frau, die neben großem Erfolg (60 Millionen verkaufte Tonträger) auch die Schattenseiten des Business kennengelernt hat. Beim triumphalen „Praying“zeigt Kesha, dass sie eine Wahnsinnsstimme hat, die in der Vergangenheit zu oft von Autotune-Effekten zugekleistert wurde. Mit Dolly Parton hat sie deren Hit „Old Flames Can’t Hold A Handle to You“neu eingespielt. Das Lied wurde 1980 übrigens von Pebe Sebert mitgeschrieben – Keshas Mutter. Diese wiederum hat an einigen Stücken von „Rainbow“mitgewirkt. Und so entstand Pop, der mehr ist als nur Hintergrundmucke.