Schwäbische Zeitung (Biberach)
Quer durch Biberachs Kulturprogramm
Beim Kulturparcours bieten die Einrichtungen einen Einblick in ihr Programm
BIBERACH - Kultur in allen Facetten hat der neunte Biberacher Kulturparcours am Freitagabend geboten. Viele städtische Kultureinrichtungen hatten geöffnet und boten bei freiem Eintritt einen Einblick ins Programm der neuen Saison. Sie SZ hat einen Streifzug unternommen.
„Wir wollen Ihnen Lust machen auf die Kultur in Biberach“, sagte Kulturdezernent Jörg Riedlbauer zur Eröffnung des Parcours in der Bruno-Frey-Musikschule. Dort zeigten mehr als 30 Kinder, was sie beim „Ferienspaß mit Musik“im Sommer einstudiert hatten. Zum Märchen „Der Mond der Prinzessin Lenore“hatte Michael Nover von der Musikschule passende Stücke komponiert, die die Kinder als großes Orchester aufführten. Der Text des Märchens wurde von Angelika Glöggler vorgelesen. Für das 30-minütige Stück gab es großen Beifall, für den die Kinder sich mit einem Rap bedankten, in dem das Märchen nochmals in moderner Form aufgegriffen wurde.
Für Dirigent Michael Nover ging der Kulturparcours in der Stadtbücherei weiter. Er spielte dort mit einer kleinen Band und animierte Besucher, mit Tablets selbst Musik zu machen. Denn im Büchercafé wurden Tablets verteilt, die alle verbunden und an einen Lautsprecher angeschlossen waren. Jedes Tablet stand für ein anderes Instrument: Schlagzeug, Klavier und Streicher. So konnten die Testpersonen, die ein Tablet hatten, zusammen Musik machen – ganz ohne Instrumente und Talent.
Musikalisches Wasser
Musikalisch ging es auch im Foyer des Museums zu. „Soundwave“nannte sich die etwa 30-minütige Improvisation, die ein Percussion-Ensemble um Markus Merz aufführte. Passend zur „Wasser“-Ausstellung im Museum, beschrieben die Musiker den Weg des Wassers auf rhythmische Weise. Aus vereinzelten Tropfen wird ein Regenguss, aus einem Bach ein reißender Strom. Wasser bedeutet aber auch karibisches Strandfeeling oder eine tobende Sturmflut. Die Musiker setzten all das lebendig um, passende Großprojektionen unterstützten die Musik.
In der Stadthalle zeigten Georg Kliebhan, Florian Achberger und Wolfgang Volz – drei bekannte Fotografen aus der Region Biberach – ausgewählte Werke. Viele davon waren bei Kulturveranstaltungen in Biberach selbst entstanden, aber auch Konzertfotos von Michael Jackson oder Marilyn Manson waren zu sehen.
Im Foyer der Volkshochschule (VHS) war ebenfalls viel los. Durch das sonst eher ruhige Foyer schallte persischer Rap. Amir Vaziri rappt über Probleme in seinem Heimatland, dem Iran, und über die persische Kultur. Hin und wieder hat der 27-Jährige schon auf dem Marktplatz gerappt, so wurde die VHS auf ihn aufmerksam. Mit Countrymusik ging es im obersten Stock weiter. Hier gab Musikschüler zeigen ihr Können.
es Line-Dance für Einsteiger. LineDance ist ein Reihentanz, bei dem verschiedene Schrittfolgen getanzt werden. „Hacke, Spitze und überkreuzen“, ruft Lehrerin Flavie Steelandt durch den Raum. Im Gegensatz dazu fand Schnupper-Yoga statt. Der Raum, in dem zuvor schnelle Countryrhythmen zu hören waren, war später mit Matten und Kissen bestückt. Kerstin Meinold zeigte Übungen, die man auch leicht in Straßenklamotten machen konnte.
Wer sich für Technik interessierte, war in der Stadtbücherei richtig. Mit Virtual-Reality-Brillen (VR-Brillen) könnten die Besucher in eine neue Welt abtauchen. Dabei trugen sie Brillen, die ihnen eine virtuelle Realität vorspielten und es so aussehen ließ, als wären sie an einem anderen Ort. So konnten die Besucher zum Beispiel in der Tiefsee tauchen oder den Kölner Dom beobachten, ohne die Stadtbücherei zu verlassen.
Wieland führt durchs Stadtarchiv
Im Stadtarchiv von Biberach blickte man zurück ins 18. Jahrhundert. Christoph Martin Wieland führte die Besucher durch die Magazinräume des Stadtarchivs sowie des WielandArchivs. Wieland alias Volker Angenbauer zeigte humorvoll alte Ratsprotokolle, Kanzleidokumente und literarische Werke. Besonders fasziniert waren die Besucher von der filigranen Schreibschrift in den alten Büchern. Das Goldstück und älteste Werk des Stadtarchivs ist eine Kirchenrechtshandschrift, die aus dem 12. Jahrhundert stammt. Doch auch Persönliches wurde von Wieland erzählt. In den Briefen, die er vorlas, kam seine Einstellung zu Biberachern und der Liebe zur Geltung.
In der Stadthalle wurde den Besuchern ein Vorgeschmack auf die Oper „Fidelio“geboten. Corinna Palm inszeniert das musikalische Meisterwerk von Beethoven als ein sozialkritisches Hör- und Seherlebnis. Beim Kulturparcours jedoch verzichtete sie jedoch voll und ganz auf eine Inszenierung, um das Publikum nur durch den „Ohrenschmaus“zum Besuch der Oper zu animieren. Der Chor besteht aus 140 Sängern im Alter von sieben bis 87 Jahren und besetzt als ausdrucksstarkes Element der Oper die Hauptrolle. Dirigent Andreas Winter erreicht mit dem Chor die „rhythmische Kraft und Zerrissenheit“Beethovens.
Den Abschluss des Kulturparcours bildete der Auftritt der „Fexer“in der Stadthalle. Das Trio, das sich selbst als „die wahrscheinlich kleinste Blaskapelle der Welt“bezeichnet, vermittelte mit seinem virtuosem Spiel tatsächlich mitunter den Eindruck, als stünden sehr viel mehr Musiker auf der Bühne. Das Repertoire, das Alexander Schuhmann (Trompete) sowie die Geschwister Sophie (Flügelhorn) und Daniel Barth (Tuba) spielten, reichte von der böhmischen Polka über Walzer bis hin zur Bearbeitung des Coldplay-Songs „Viva la Vida“. Kein Wunder, dass sie damit voriges Jahr auch die Jury des Biberacher Volxmusik-Grandprix überzeugt hatten.
Weitere Bilder vom Biberacher Kulturparcours gibt es online unter www.schwäbische.de/kulturparcours-2017