Schwäbische Zeitung (Biberach)
Große Sorgen in der Autoindustrie
Konzern stellt Kronzeugenantrag wegen Autokartell
STUTTGART (dpa) - Viele Betriebsräte aus der Autoindustrie im Südwesten halten ihre Arbeitgeber für unzureichend vorbereitet auf den Branchenwandel. Ein gutes Drittel äußerte in einer Umfrage der IG Metall entsprechende Sorgen. Weitere 13 Prozent halten die Strategie ihrer Unternehmen nur teilweise für ausreichend.
STUTTGART (dpa) - Im Fall des Kartellverdachts gegen die deutsche Autoindustrie hat der Daimler-Konzern bei den EU-Behörden den Status als Kronzeuge beantragt. Man könne das nun öffentlich machen, sagte Finanzchef Bodo Uebber am Freitag und bestätigte damit, worüber lange spekuliert worden war. „Es ist gegenwärtig offen, ob die Europäische Kommission ein formelles Verfahren einleiten wird“, sagte Uebber weiter – und betonte außerdem, dass Daimler derzeit keine Notwendigkeit sehe, ein finanzielles Polster für mögliche Strafen zu bilden.
Der Kronzeuge in Kartellverfahren darf in der Regel auf den größten Nachlass bei Strafzahlungen bis hin zur kompletten Verschonung hoffen. Noch immer ist allerdings unklar, was an den Vorwürfen überhaupt dran ist. „Mehr dürfen wir hierzu derzeit auf Grund des erwähnten Antrags auf Bußgeldimmunität nicht sagen“, sagte Uebber.
Bei der EU-Kommission läuft derzeit eine Voruntersuchung zu den Vorwürfen. BMW und Daimler sowie VW samt Töchtern Audi und Porsche sollen sich jahrelang in geheimen Zirkeln über ihre Autos, Kosten und Zulieferer ausgetauscht haben. Solche Absprachen unter Autobauern sind durchaus üblich – zum Beispiel, um Standards für die Ladung von Elektroautos abzusprechen. Die Frage ist aber, ob in dem Fall eine Grenze überschritten wurde.
Nachdem der „Spiegel“die Vorwürfe bekannt gemacht hatte, hieß es, dass auch der Volkswagen-Konzern schon vor einiger Zeit eine Art Selbstanzeige rund um den Kartellverdacht bei den Behörden eingereicht habe. Daimler soll den Wolfsburgern aber noch zuvorgekommen sein. VW blieb am Freitag bei der Strategie, an die sich auch Daimler zuvor lange gehalten hatte: kein Kommentar.
Ein BMW-Sprecher sagte auf Anfrage, die EU-Kommission habe in dieser Woche Mitarbeiter zur Prüfung in die Münchner Konzernzentrale entsandt. Auch er betonte, dass die Kommission kein formelles Verfahren eingeleitet habe. Die Mitarbeiter hätten eine sogenannte Nachprüfung durchgeführt, BMW unterstütze die EU-Kommission bei ihrer Arbeit. Einzelheiten nannte der Sprecher nicht. Aufgrund der laufenden Prüfung werde BMW darüber hinaus nichts weiter sagen. Die EUKommission teilte mit, es habe eine „nicht angekündigte Prüfung“bei einem deutschen Autobauer gegeben. Namen nannte sie nicht.