Schwäbische Zeitung (Biberach)
Saudi-Arabien und Israel rücken zusammen
Wenn Schimon Peres zu Lebzeiten seine Friedensvision von einem „neuen Nahen Osten“ausmalte, belächelten viele Israelis ihren berühmten ElderStatesman als „naiv“. Ausgerechnet unter der Regierung Benjamin Netanjahu, wahrlich kein Vorreiter eines Friedensprozesses, erscheinen nun lange für unmöglich gehaltene Allianzen realistisch. Bisher freilich vollzog sich die israelisch-saudische Annäherung nur über diskrete Kanäle. Dass die saudi-arabische Zeitung „Aleph“jetzt erstmals ein Interview mit Israels Generalstabschef abdruckte, war schon an sich ein internationaler Scoop.
Offiziell pflegen beide Staaten keine diplomatischen Beziehungen miteinander. Aber man hat einen gemeinsamen Feind, die Mullahs in Teheran. Das verbindet. Der Iran sei die „größte Bedrohung für die Region“, bekundete Armeechef Gadi Eisenkot in dem Blatt. Im Hinblick auf die schiitische Achse, die vom Libanon über Syrien bis zum Golf und dem Roten Meer reiche, befinde Israel sich in vollem Einvernehmen mit den Saudis.
Am Freitag bestätigte das Premierbüro in Jerusalem, das Interview sei mit Netanjahu abgestimmt. Der Zeitpunkt wiederum dürfte kein Zufall sein. Gerade erst hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow die Israelis mit seiner Bemerkung tief erschreckt, er halte eine iranische Präsenz in Syrien über den Bürgerkrieg hinaus für legitim. Das jüngst zwischen Russland, USA und Jordanien vereinbarte Arrangement für einen Waffenstillstand sieht zwar vor, ausländische Kräfte nicht länger auf syrischem Boden zu belassen. Aber Lawrow findet offenbar, dass dies nicht für russisches und iranisches Militär sowie verbündete Milizen wie die Hisbollah zu gelten habe.
Blanker Horror
Für Israel ist schon die Vorstellung, unweit der Golanhöhen könnten sich demnächst iranische Revolutionsgarden verschanzen, blanker Horror. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sparte jedenfalls nicht mit deutlichen Worten: „Wir werden nicht erlauben, dass Syrien ein (iranischer) Vorposten gegen Israel wird. Wir behalten uns absolute Aktionsfreiheit vor.“
Staatschef Putin scheint das nur bedingt zu beeindrucken. Die israelische Sicht der Dinge hat ihm Netanjahu bei mehreren Besuchen in Moskau geschildert. Doch für Putin zählt mehr, dass die in Syrien eingesetzte Luftwaffe der Russen auf die Zuarbeit iranischer Bodentruppen angewiesen ist. Zum Dank erwartet Teheran eine Belohnung.
Umso mehr setzt Israel auf einen Schulterschluss mit Saudi-Arabien. So betonte auch Eisenkot in besagtem Interview, Israel werde keine iranischen Stützpunkte oder Militärbasen westlich von Damaskus dulden. Die Saudis dürften solche Worte gerne hören. Der frühere US-Botschafter und Sicherheitsexperte Daniel Shapiro warnte gar, Riad wäre im Kampf mit Teheran um Einflusssphären in Nahost daran gelegen, Israel in eine Konfrontation mit der pro-iranischen Hisbollah in Libanon zu treiben, sozusagen ein weiterer Stellvertreterkrieg. Der neue Nahe Osten , wenn es ihn denn gibt, beruht auf knallharter Interessenpolitik.