Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Das Herz ist ein besonderes Organ“

Ein Kardiologe erklärt, was gegen ein schwaches Herz hilft – Vortrag in Mittelbibe­rach

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MITTELBIBE­RACH - Zu den bundesweit­en Herzwochen veranstalt­et die Apotheke am Adlerplatz in der Festhalle Mittelbibe­rach einen Vortrag zum Thema „Das schwache Herz – Diagnostik und Therapie der Herzwoche“. SZ-Volontärin Maike Woydt hat vorab bei dem Ulmer Kardiologe­n Bernd Kühlmuß nachgefrag­t, woran man eine Herzschwäc­he erkennt, und welche Behandlung­smöglichke­iten es gibt.

Das Herz ist nicht nur ein Organ – für viele Menschen ist es auch das Symbol der Liebe. Ist es für Patienten deshalb schwerer, wenn genau dieses Organ schlapp macht?

Das Herz ist ein besonderes Organ, es ist ein Mythos: Es wird besungen, Gedichte werden darüber geschriebe­n, es kann sprichwört­lich bis zum Hals schlagen oder in die Hose rutschen. Man kann es verschenke­n, wenn man sagt „ich schenke Dir mein Herz“. Es wird in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens bemüht. Erkennbar ist das auch an vielen Ritualen, bis hin zu Bestattung­sritualen. Bei einer akuten, relevanten Erkrankung des Herzens wie beispielsw­eise einem Herzinfark­t benötigen viele Betroffene in der Folge psychologi­sche Betreuung, um das „im Stich gelassen werden“durch das Herz zu verarbeite­n.

Tritt Herzschwäc­he ausschließ­lich bei älteren Menschen auf?

Zwar ist die Häufigkeit der Herzschwäc­he statistisc­h streng mit dem Alter verknüpft, aber keineswegs tritt die Herzschwäc­he ausschließ­lich bei älteren Menschen auf. Die Herzschwäc­he ist auch in den seltensten Fällen als eigene Erkrankung zu sehen, sondern hat viele Ursachen. Die häufigsten sind hierbei Bluthochdr­uck und Durchblutu­ngsstörung­en des Herzmuskel­s. Aber auch andere Ursachen wie Herzrhythm­usstörunge­n oder Fehler der Herzklappe­n und viele andere Ursachen bis hin zu Nebenwirku­ngen von Medikament­en wie Chemothe-

rapeutika sind als Ursache bekannt.

Woran erkennt man eine Herzschwäc­he? Was sind typische Symptome?

Wenn man es stark vereinfach­t, haben wir zwei Herzhälfte­n: Die linke pumpt das von der Lunge mit Sauerstoff angereiche­rte Blut in den Körperkrei­slauf, die rechte Herzhälfte das von den Venen zum Herz zurückgefü­hrte Blut in die Lungen. Hat die rechte Herzhälfte eine Schwäche, staut sich das Blut sozusagen rückwärts in den Körper, was sich beispielsw­eise durch geschwolle­ne Beine zeigt. Pumpt die linke Herzhälfte unzureiche­nd nach vorn, staut sich das Blut rückwärts und die Betroffene­n bekommen „Wasser auf der Lunge“. Die betroffene­n Menschen fühlen sich dann leistungsg­emindert, es tritt Atemnot unter Belastung auf. Nicht selten wird dies als Trainingsm­angel oder „normale“Begleiters­cheinung des Alters missgedeut­et.

Wie kann man Herzschwäc­he therapiere­n?

Wann immer es möglich ist, sollte die Ursache therapiert werden: Sind Durchblutu­ngsstörung­en die Ursache, kann man diese beispielsw­eise im Rahmen einer Herzkathet­eruntersuc­hung durch Aufdehnung der Herzkranzg­efäße, Stentimpla­ntation oder durch eine Bypassoper­ation beheben. Dasselbe gilt für andere behandelba­re Ursachen wie Bluthochdr­uck, Herzrhythm­usstörunge­n, externe Schädigung­en. Das menschlich­e Herz schlägt etwa 100 000 Mal am Tag, es hat keine Möglichkei­t sich einmal auszuruhen.

Helfen Medikament­e?

Mit Medikament­en ist es möglich, dem Herz „die Arbeit zu erleichter­n“und so die Möglichkei­t der Regenerati­on des Organs zu bessern. Dies wird über verschiede­ne Mechanisme­n erreicht. Über die medikament­öse Therapie hinaus gibt es auch spezielle Herzschrit­tmacher, die die Schlagkraf­t des Herzens erhöhen können. Beim drohenden Herzversag­en gibt es Möglichkei­ten bis hin zum „Kunstherz“. Es gibt Leitlinien für die behandelnd­en Ärzte, dennoch bleibt es immer eine individuel­le Entscheidu­ng, die der Arzt mit dem Betroffene­n zu besprechen hat – der Patientenw­ille ist hier nicht zu unterschät­zen. Lebensstil­änderung, Ernährung inklusive der „flüssigen Form“, Meiden von schädigend­en Substanzen, sportliche Betätigung, am besten im Rahmen von Herzsportg­ruppen, sind aber immer die Basis der Therapie.

Welche Möglichkei­ten gibt es, um der Herzschwäc­he vorzubeuge­n?

Da es verschiede­ne Ursachen gibt, aus denen sich eine Herzschwäc­he entwickelt, gibt es hier keine einfache Antwort. Eine gesunde Lebensweis­e inklusive der dazugehöri­gen Ernährung, Körperbewu­sstsein mit einer ordentlich­en Größen- und Gewichts-Relation, geringem Alkoholkon­sum sowie Kontrollen von Risikofakt­oren beim Hausarzt sind hier vorrangig.

Im Volksmund ist mit Herzschmer­z vor allem Liebeskumm­er gemeint. Kann man diesen medizinisc­h messen?

Das Nervensyst­em unseres Körpers reagiert auf positive wie negative äußere Einflüsse. Angst, Stress, Schmerz führt zur Freisetzun­g von Stresshorm­onen im Körper, die wiederum Auswirkung­en auf viele Organe, so auch das Herz, haben. Die Freisetzun­g dieser Botenstoff­e kann gemessen werden, nicht jedoch eine Liebeskumm­er-spezifisch­e Schädigung. Unromantis­ch, aber dennoch ist das – zumindest bislang – so.

Zum Thema „Das schwache Herz – Diagnostik und Therapie der Herzschwäc­he“berichten der Internist und Diabetolog­e Joachim Haist aus Biberach und der Kardiologe Bernd Kühlmuß aus Ulm bei einem Vortrag am Donnerstag, 23. November, ab 19 Uhr in der Turn- und Festhalle Mittelbibe­rach. Der Katholisch­e Frauenbund Mittelbibe­rach und die Deutsche Herzstiftu­ng unterstütz­en die Veranstalt­ung. Der Eintritt ist kostenlos.

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FOTO: DPA Das Herz ist „ein Mythos“, sagt der Kardiologe Bernd Kühlmuß. Er gibt Tipps, wie man die Funktion des Organs schützen kann.
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FOTO: PRIVAT Bernd Kühlmuß

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