Schwäbische Zeitung (Biberach)
Teures Vergnügen
Deutsche zahlen laut Studie mit am meisten für das Surfen mit dem Smartphone
RAVENSBURG - Ein bisschen durch den Facebook-Newsfeed scrollen, ein paar Videos auf Youtube ansehen und den neuen Lieblingssong auf dem Weg zur Arbeit streamen. Und ehe man sich versieht, kommt die Nachricht des Mobilfunkanbieters: „Lieber Kunde, das Datenvolumen mit maximaler Surfgeschwindigkeit Ihres Tarifs ist aufgebraucht.“Die Folge: die Geschwindigkeit wird gedrosselt. Ein Ärgernis, vor allem dann, wenn das Datenvolumen bereits weit vor Monatsmitte aufgebraucht ist.
Probleme, die es so in anderen europäischen Ländern nicht gibt. Anders als bei deutschen Anbietern, die vor allem Datenvolumen von ein bis zwei Gigabyte pro Monat im Angebot haben, gibt es etwa in Litauen, Kroatien oder Dänemark Tarife, bei denen Datenbegrenzungen komplett entfallen – und das für vergleichsweise wenig Geld.
Laut einer Studie des finnischen Beratungsunternehmens Rewheel gehört Deutschland zu den europäischen Ländern, in denen mobile Daten am teuersten sind. Noch mehr müssen nur Mobilfunknutzer unter anderem in Belgien, Portugal oder Tschechien bezahlen. Die Studie hat das Datenvolumen verglichen, das für 30 Euro in den Staaten zu haben ist. Das Ergebnis: Die deutschen Anbieter liegen dabei weit hinten. Für rund 25 Euro sind hierzulande gerade mal 15 Gigabyte pro Monat zu bekommen. Ein unbegrenztes Datenvolumen wie in den baltischen Staaten oder den Niederlanden kostet hierzulande satte 200 Euro. In Großbritannien, Frankreich und Schweden, sind 100 Gigabyte für unter 30 Euro zu haben. Unterwegs im Internet zu surfen kostet in Deutschland mehr als in weiten Teilen Europas.
Der Grund für das Preisgefälle liegt laut Branchenvertreter unter anderem in unterschiedlichen Netzauslastungen. Während in Deutschland deutlich mehr Datenverkehr auch über das Festnetz abgewickelt wird, nutzen in den baltischen Staaten im Verhältnis mehr Menschen das Mobilfunknetz. Je mehr Nutzer sich an den Kosten des Netzes beteiligen, desto niedriger sind die Kosten für den Einzelnen.
Ein weiterer Preistreiber seien die topografische Beschaffenheit und die Bevölkerungsstruktur Deutschlands. „In verdichteten Räumen können sehr viele Menschen günstig versorgt werden“, sagt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Branchenverbands für Anbieter von Telekommunikations-
und Mehrwertdiensten. Deutschland sei aber in weiten Teilen ein Flächenland und zersiedelt. Das steigere unter anderem die Kosten für den Netzausbau. Auch die Gebühren bei Frequenzversteigerungen seien hierzulande deutlich höher.
Telekommunikationsexperte an der Universität Duisburg-Essen, Torsten Gerpott, sieht das anders: „In Deutschland gibt es momentan nur drei Spieler. Da ist der Wettbewerb nicht besonders hoch.“Den deutschen Mobilfunkmarkt dominieren die Deutsche Telekom, Vodafone sowie Telefonica Deutschland. „Wenn man sich die veröffentlichten Zahlen der Unternehmen ansieht, machen diese alle Gewinn“, sagt
Gerpott. Deshalb sei auch ein Spielraum für günstigere Preise durchaus gegeben.
„Konkret sollten den Netzbetreibern bei der Vergabe der Lizenzen Auflagen gemacht werden, die Servicebetreibern ohne eigenes Netz den Einstieg in den Markt erleichtern“, sagt Gerpott. So könne der Wettbewerb gesteigert werden. Ändern könnte sich das frühestens im kommenden Jahr. 2018 versteigert die Bundesnetzagentur erneut Frequenzen.
Eine Karte mit allen in der Studie verglichenen Ländern finden Sie unter: