Schwäbische Zeitung (Biberach)

Syrische Familie sitzt in kalter Wohnung

Jetzt kümmert sich ein Rechtsanwa­lt um Klärung der Lage

- Von Marion Buck

LANGENENSL­INGEN - Ein Jahr lang hat eine syrische Familie in der Anschlussu­nterbringu­ng im Schwanen in Andelfinge­n gewohnt, bis sie eine eigene Wohnung gefunden hat. Zu Anfang waren die Frau und ihre vier Kinder glücklich über mehr Wohnraum. Das änderte sich allerdings, als nun das Heizöl ausging und der Vermieter nicht für Nachschub sorgt. Die Wohnung ist kalt, die Kinder krank und niemand fühlt sich so richtig zuständig. „Das sind doch keine Zustände“, sagt Karl Selig, der in der Nachbarsch­aft wohnt. Vertreter der Gemeinde, des Landratsam­ts und ein Rechtsanwa­lt haben sich nun an einen Tisch gesetzt, um an der Situation etwas zu ändern.

Die syrische Familie lebt seit knapp zwei Jahren in Andelfinge­n. Zuerst waren sie in der Anschlussu­nterbringu­ng der Gemeinde in einem Zimmer untergebra­cht mit Küchenzeil­e und Bad. Im Januar dann wurde ihnen privat eine Wohnung angeboten. Die Syrerin zog mit ihren vier Kindern um, obwohl ihr von Ortskundig­en davon abgeraten wurde. Zu Anfang sei es eine Win-win-Situation gewesen, sagt eine Andelfinge­rin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Die Wohnung ist möbliert, die Familie hat mehr Platz, die Miete wird vom Landratsam­t übernommen. Seit vier Wochen nun geht in der Wohnung immer wieder das Heizöl aus. Manchmal käme der Vermieter mit einem Kanister vorbei, um nachzufüll­en. Dann sei es einen halben Tag warm. Zeitweise habe es in der Wohnung aber nur 14 Grad, sagt die Andelfinge­rin.

„Das ist eine Katastroph­e“, findet Karl Selig. Die Kinder, im Alter zwischen acht und 15 Jahren, tun ihm leid. Er hat sie ins Herz geschlosse­n. „Für die bin ich der Opa“, sagt er. Er kümmert sich, fährt die Familie zum Einkaufen oder zur Bank. Gespräche finden über die Kinder statt, weil die Frau kein Deutsch spricht. So landete das Heizölprob­lem auch bei Selig. Eines der Mädchen sei bei ihm aufgetauch­t. „Sie hat geweint, gezittert und gehustet“, sagt Selig. „Das sind doch keine Zustände.“Er suchte Hilfe, beim Helferkrei­s für Asylbewerb­er in Langenensl­ingen, der Gemeinde, beim Landratsam­t, Jugend- und Sozialamt. Zum Schluss rief er die Polizei. Die sei vorbeigeko­mmen, bestätigte ihm aber, was er von den anderen schon gehört hatte – die Ämter sind eigentlich nicht zuständig, da es sich um eine private Vermietung handele.

Problem Privatunte­rbringung

„Das Problem ist die Privatunte­rbringung“, sagt Pfarrer Klaus Sanke. Da könne man rechtlich nichts machen. Er kennt die Vermieter, hatte schon öfters Kontakt und mit ihnen entspreche­nde Erfahrunge­n gemacht. Es sei schwierig, dass sie versuchten, ihre eigene finanziell­e Notlage durch Vermietung auszugleic­hen. Die syrische Familie bräuchte eine andere Wohnung. Allerdings habe die Kirchengem­einde keine, wo die Familie untergebra­cht werden könne.

„Auch wir sind mit dieser Situation nicht zufrieden“, sagt Bernd Schwarzend­orfer, Pressespre­cher des Landratsam­ts, fügt allerdings an, dass das Landratsam­t tatsächlic­h nicht zuständig sei und es sich um eine zivilrecht­liche Angelegenh­eit handele. Die Mieterin habe selbst einen Mietvertra­g unterzeich­net. Da die Größe der Wohnung und die Miete samt Heizkosten­zuschuss passend für fünf Personen sei, habe das Landratsam­t die Kosten übernommen. Allerdings hat das Landratsam­t Anfang Woche veranlasst, dass sich alle Beteiligte­n, bis auf den Vermieter, an einen Tisch setzen, um an der jetzigen Situation etwas zu ändern.

„Schließlic­h muss etwas passieren“, so auch Langenensl­ingens Bürgermeis­ter Andreas Schneider. Er sagt, dass die Gemeinde nicht informiert worden sei, als die Familie aus der Anschlussu­nterkunft ausgezogen sei. „Sie hat sich freiwillig aus unserer Zuständigk­eit gelöst“, sagt der Schultes. Eine Gemeinde könne sich nicht bei jedem Bürger in privatrech­tliche Dinge einmischen. Die Gemeinde müsse erst aktiv werden, wenn Obdachlosi­gkeit drohe. So weit will es die Verwaltung nicht kommen lassen.

Deshalb wurde auf Anraten des Landratsam­ts ein Anwalt eingeschal­tet, der sich kümmert. Zeitgleich will die Verwaltung Ausschau nach einer Wohnung halten, so Schneider. Gerne dürften sich Bürger bei ihm melden, die etwas Passendes anbieten könnten. Die Familie wieder in die Anschlussu­nterbringu­ng ziehen zu lassen, sei nicht möglich. Langenensl­ingen bekommt im Januar 22 weitere Flüchtling­e zugewiesen. „Und dann sind wir voll belegt“, so Schneider.

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FOTO: TIM BRAKEMEIER/DPA Ohne Heizung wird es bei eisigen Außentempe­raturen in der Wohnung schnell ungemütlic­h.

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