Schwäbische Zeitung (Biberach)
Starke Kontraste
Münchener Kammerorchester mit dem Cellisten Maximilian Hornung im Konzerthaus in Ravensburg
RAVENSBURG - Das Münchener Kammerorchester war mit dem Cellisten Maximilian Hornung zu Gast im Konzerthaus Ravensburg. Das Konzert hinterließ einen etwas disparaten Eindruck. Jedoch sprach der Riesenbeifall eine eindeutige Sprache. Die Zuhörer bejubelten zugleich eine Uraufführung, die Anwesenheit des Komponisten Tobias PM Schneid (PM steht für Peter Maria) und ein wie immer famos aufspielendes Ensemble, diesmal unter der Leitung des finnischen Gastdirigenten John Storgårds.
Zwei Haydn-Sinfonien rahmten Ligetis Konzert für Violoncello und Orchester von 1966 und das Concerto for cello and orchestra No. 2 von Tobias PM Schneid ein. Es ist ein Auftragswerk für den jungen Cellisten. Komponist und Cellist kennen sich seit 2007. Hornung hat mehrere Werke von Schneid gespielt und aufgenommen.
Plötzliches Höllenspektakel
Doch zunächst ging John Storgårds die Sinfonie Nr. 97 C-Dur von Haydn dynamisch akzentuiert an und brachte in das eher müde Adagio fast Beethovensche Verve. Dafür fiel das Menuetto nicht ganz so leichtfüßig aus. Der temperamentvolle Finne dirigiert mit den Händen, den massigen Körper immer in Bewegung.
Ligetis Cellokonzert in zwei Sätzen entwickelt sich aus einem spinnwebenfeinen, unendlich langsam wachsenden Celloton, dem sich einzelne Streicher und Bläser hinzugesellen. Ein plötzliches Höllenspektakel bricht los, dann wieder gehen die Töne auf eine fast nichtwahrnehmbare Lautstärke zurück. Mit großem Ernst zelebrierten Maximilian Hornung und das Orchester dieses Werk, das im zweiten Teil alle Bläser und Streicherstimmen erklingen ließ. Wie vor einer Orchesterprobe hörte sich das an: eine Kakophonie von obstinaten Einzeltönen, Fagottdudeln, Trillern, Cellovibrato, Bläsergeschnatter und Streichergeraune. Hornung klettert mit den Fingern rasend schnell die Saiten hinauf und legt auf der Schnecke die Hände übereinander wie zum Gebet. Da wagte keiner gleich zu klatschen.
Ganz anders das Konzert von Tobias Schneid, das wie Ligetis Werk auch zwei Teile hat. Es ist abrupt, eruptiv, tonzersetzend – und dann plötzlich badet das Cello im Wohlklang der Streicher, ab und zu von Glockenspiel untermalt, rhythmisch eigenwillig. Hornung zeigt dabei fast eine sportlich zu nennende Konzentration, und das Orchester antwortet dem juchzenden oder tief brummenden Cello ebenso energetisch. Dennoch sucht man vergeblich nach Struktur in diesem eindrucksvoll präsentierten Tonkonvolut. Die fand man dann in Haydns Sinfonie Nr. 103 Es-Dur „Mit dem Paukenwirbel“, dazu eine große Portion con spirito und musikalische Wärme.