Schwäbische Zeitung (Biberach)
Konstanz droht Hochschulaffäre
Vergabe von Professoren-Zulagen beanstandet – Ministerin Bauer: „Massive Fehler“
STUTTGART (kab) - Etliche Professoren der Hochschule in Konstanz sollen unrechtmäßige Zulagen bekommen haben. Das erklärte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) am Freitag in Stuttgart. Der Fall erinnert an Vorgänge an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg. Diese werden seit Februar 2017 in einem Untersuchungsausschuss des Landtags beleuchtet.
STUTTGART - Ziemlich genau vor einem Jahr hat sich die Kanzlerin der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz an das Wissenschaftsministerium gewandt. An ihrer Hochschule hatte sie ähnliche Vorgänge entdeckt wie jene an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg, die seit Februar 2017 Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Landtags sind. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt. Hier wie dort sollen vor allem Zulagen an Professoren geflossen sein, die ihnen nicht zustanden. Das Wissenschaftsministerium hat die Vorwürfe nun geprüft und kam zum Ergebnis: Die Konstanzer Kanzlerin hat recht. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) spricht bei der HTWG von „Beanstandungen in vier Problemkreisen“.
Manches erinnert an den Fall Ludwigsburg. Wie dort geht es im Fall Konstanz um Professoren, die von der C- in die W-Besoldung gewechselt sind. Bei der C-Besoldung bekommen Professoren ein Gehalt, das sich mit dem Dienstalter stetig erhöht. Das Grundgehalt für W-Professoren ist geringer, dafür können sie aber Leistungszulagen bekommen. Nur: In Konstanz sind acht Wissenschaftler nie offiziell als W-Professoren ernannt worden. Sie hätten also nie die Zulagen bekommen dürfen, die sich über drei Jahre auf insgesamt 131 000 Euro summierten. Ob die Professoren das Geld zurückzahlen müssen, vielleicht teilweise oder auch gar nicht, prüft laut Bauer nun das Landesamt für Besoldung und Versorgung.
Zu viele Forschungszulagen
Von den 123 W-Professoren der HTWG haben nach Erkenntnissen des Ministeriums zudem 70 pauschale Zusatzleistungen bekommen. Das ist deshalb rechtswidrig, weil jeder Einzelfall zunächst geprüft werden muss, bevor Geld fließt. Es geht hierbei um eine Gesamtsumme von 679 000 Euro. Die Professoren müssen das Geld nicht zwingend zurückzahlen. Es kann auch sein, dass die Zahlungen im Nachhinein noch formal gerechtfertigt werden. Im Juristendeutsch heißt dieser Vorgang „Umdeutung“. Zumal die HTWG den Topf, der für die Zahlung solcher Zulagen zur Verfügung steht, nicht überschritten hat. Der Ball liegt bei diesem Thema bei der Hochschule selbst.
Das Ministerium beanstandet zudem, dass die HTWG zwischen 2005 und 2017 insgesamt 20 Professoren Forschungszulagen gewährt hat, die nicht korrekt waren. Dabei geht es unter anderem um falsche Berechnungen bei Forschungszeit und bei den angegebenen Projektkosten. Wie viel Geld hier unrechtmäßig geflossen ist, könne sie noch nicht nennen, sagt Bauer. „Es braucht noch eine größere Aufarbeitung.“Das Ministerium sei hierfür mit dem Landesrechnungshof im Austausch.
Der vierte Kritikpunkt betrifft die Vergabe von Lehraufträgen. So hätten 2014 und 2015 insgesamt 40 fest angestellte Mitarbeiter der HTWG Lehraufträge bekommen. Diese müssen allerdings extern vergeben werden. Das Ministerium spricht von Mängeln bei der Dokumentation. Auch hier stelle sich die Frage, ob die Zahlungen zurückgefordert werden.
„Das Ausmaß ist schon eines, das einen beeindruckt, weil in relativ kurzer Zeit so massive Fehler in konzentrierter Weise gemacht wurden“, sagt Ministerin Bauer über die Vorgänge an der HTWG. Bis zum Sommer muss die Hochschule die Mängel beheben – so lautet die Frist des Ministeriums. Ein entsprechender Brief soll heute bei der Führung der Hochschule eingegangen sein. Die Aufarbeitung der Missstände an der HTWG bezeichnete Bauer als Kraftanstrengung. „Ich bin aber überzeugt davon, dass man diese Kraftanstrengung bewältigen kann.“
Auch Ministerin in der Kritik
Auch an der Hochschule Ludwigsburg wurden Leistungszulagen ohne die nötige Grundlage dafür gezahlt. Der Untersuchungsausschuss des Landtags, der die Vorgänge dort beleuchtet, hat im Sommer gefordert, auch den Konstanzer Fall zu beleuchten. Das Gremium, das die Oppositionsfraktionen SPD und FDP angestoßen hatten, nimmt dabei auch die Rolle von Ministerin Bauer in den Fokus. Die Frage dabei lautet: Hat die Ministerin ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt? Hätte sie in Ludwigsburg früher einschreiten müssen? Bauer argumentiert mit dem hohen Gut der Hochschulautonomie. Die beiden Vorfälle unterschieden sich in einem entscheidenden Punkt. Schließlich sei es in Ludwigsburg die Rektorin gewesen, die die Missstände ihres Vorgängers entdeckt habe und diese aufarbeiten wollte. Sie habe man gewähren lassen. In Konstanz hingegen habe sich die Kanzlerin an das Ministerium gewandt. Denn außer ihr habe niemand Handlungsbedarf in der Hochschulführung gesehen.
Seit März ist die Rektorin der Hochschule Konstanz krankgeschrieben. Im Mai wurde gegen sie ein Abwahlverfahren begonnen, dem das Ministerium zustimmen muss. Das werde sie nicht tun, so Bauer, bis alle Missstände an der Hochschule aufgearbeitet sind.
Die Vorgänge werden wohl auch am Montag im Landtag Thema sein. Dann nämlich kommt der Untersuchungsausschuss zu seiner nächsten Sitzung zusammen.