Schwäbische Zeitung (Biberach)
Glyphosat sorgt für hitzige Debatte
Große Resonanz auf Vortragsveranstaltung des Grünen-Kreisverbands in Biberach
BIBERACH - Um den Unkrautvernichter Glyphosat und seine Gefahren, die möglicherweise verschleiert wurden, ist es bei einer Diskussionsveranstaltung des Grünen-Kreisverbands im Biberacher TG-Heim gegangen. Rund zweieinhalb Stunden lang wurde zum Teil hitzig diskutiert.
Wie sehr das Thema Glyphosat derzeit die Menschen bewegt, zeigte die große Besucherresonanz. Dutzende Stühle mussten zusätzlich ins Nebenzimmer des TG-Heims gebracht werden, damit alle – wenn auch dichtgedrängt – einen Platz fanden. Referenten zum Thema waren zum einen die Grünen-Europaabgeordnete Maria Heubuch aus Leutkirch, zum anderen der Wiener Biochemiker Helmut Burtscher-Schaden, einer der sieben Initiatoren der europäischen Bürgerinitiative „Stopp Glyphosat“sowie Autor des Buchs „Die Akte Gyphosat“.
Glyphosat, so Maria Heubuch, sei ein Totalherbizid, das nicht nur oberirdisch Pflanzen abtöte, sondern auch massive negative Auswirkungen auf die Böden habe. Es komme zwischenzeitlich in vielen Bereichen der Landwirtschaft zum Einsatz und gilt als weltweit am meisten eingesetztes Herbizid.
Im März 2015 stufte die WHO Glyphosat als „wahrscheinlich krebserzeugend“ein. „Das hat mich damals insofern überrascht, als dass diese Einschätzung in völligem Widerspruch zu den Aussagen fast aller anderen Behörden stand“, sagte Burtscher-Schaden. Er habe sich daraufhin entschlossen, zu recherchieren, wie das sein könne. Der Autor berichtete davon, dass er herausgefunden habe, dass eine Studie im Auftrag des Herstellers des Herbizids in Versuchen mit Mäusen zu Krebsbefunden kam. Der Hersteller habe von dieser Studie aber lediglich eine Kurzfassung an das Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) gegeben, die zu dem Schluss komme, dass die Ergebnisse der Studie nicht ausreichend seien, um Glyphosat als „möglicherweise krebserregend“einzustufen, so der Autor. Die Gesamtdaten der Studie würden vom Hersteller bislang unter Verschluss gehalten, sagte Burtscher-Schaden und sprach im Lauf des Abends von „wissenschaftlichem Betrug“.
Das BfR habe die Erkenntnisse aus dem Kurzbericht des Herstellers fast wörtlich und wohl ungeprüft übernommen, kritisierte der Buchautor. Anstatt Ermittlungen gegen den Hersteller einzuleiten und die weitere Zulassung für Glyphosat zu verweigern, sei nichts dergleichen geschehen.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt habe im November mit seinem Ja auf EU-Ebene, die Zulassung für weitere fünf Jahre ermöglicht, ergänzte Heubuch. „Wir wollen nicht, dass Glyphosat nach Ablauf dieser Zeit durch eine andere Chemikalie abgelöst wird“, sagte Heubuch, deshalb gelte es jetzt, die öffentliche Diskussion anzustoßen. Außerdem müssten Zulassungsverfahren künftig transparenter ablaufen.
„Emotionen und Angstargumente“
In der folgenden Diskussion ging es teilweise hitzig her. Während viele Besucher die Haltung der Europaabgeordneten und des Buchautors unterstützten,
gab es auch kritische Stimmen, die Burtscher-Schaden vorwarfen, er arbeite „mit Emotionen und Angstargumenten“. Auch um die Rolle der Landwirtschaft ging es bei den Wortmeldungen, schließlich waren auch zahlreiche Bauern unter den Besuchern.
Der eine oder andere sah sich durch die Glyphosat-Diskussion der vergangenen Monate zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Das darf nicht auf dem Rücken der Bauern ausgetragen werden“, sagte Heubuch und auch Buchautor Helmut BurtscherSchaden sah dies so: „Die Bauern sind nicht die Täter. Sie stecken in der Zwickmühle.“Die Reaktion müsse von der Politik kommen.