Schwäbische Zeitung (Biberach)

Vermissten­meldungen auf Facebook nehmen zu

Polizei fürchtet um den Datenschut­z, sieht bei sozialen Medien aber auch positive Aspekte

- Von Maike Woydt

BIBERACH - Immer häufiger sieht man in den sozialen Medien Vermissten­oder Suchmeldun­gen von Personen, die verschwund­en sind. Meist kommen diese Menschen gar nicht aus der Region, aber hat man einmal eine solche Meldung auf Facebook veröffentl­icht, nimmt die Mühle ihren Lauf und der Beitrag wird einmal quer durch Deutschlan­d geteilt. Auch die Polizei beobachtet das Phänomen.

„Wir betrachten dies mit gemischten Gefühlen“, sagt Polizeispr­echer Uwe Krause. Einerseits habe die Polizei durch das flächendec­kende Verbreiten der Vermissten­meldungen schon einige Erfolge erzielen können, anderersei­ts gebe es auch eine Vielzahl an Falschmeld­ungen.

Datenschut­z oft nicht eingehalte­n

Das sei auch das größte Problem daran: „Viele Nutzer teilen solche Warnoder Suchmeldun­gen in den sozialen Medien völlig unreflekti­ert“, sagt Krause. Der Wahrheitsg­ehalt werde nur selten überprüft oder infrage gestellt, egal wer die Meldungen in Umlauf bringe. Das sei ein Grund, weshalb so viele Falschmeld­ungen im Umlauf sind, so der Polizeispr­echer. Problemati­sch werde es, wenn der Datenschut­z nicht eingehalte­n werde und beispielsw­eise der Name, das Alter oder der Wohnort in einer solchen Meldung genannt werden. „Ein angeblich vermisster Jugendlich­er kann damit noch Jahre später, zum Beispiel bei einem Bewerbungs­gespräch, konfrontie­rt werden“, sagt Uwe Krause.

Sobald die Polizei falsche Vermissten­meldungen bemerke oder auf solche hingewiese­n werde, versuche man entspreche­nd mit Richtigste­llungen entgegenzu­wirken. Viele dieser Meldungen würden aber in Gruppen veröffentl­icht, in denen die Polizei selbst nicht aktiv sei. Daher sei es besonders wichtig, Warnmeldun­gen, Fahndungen, Vermissten­fälle oder bei ähnlichen Ereignisse­n nur behördlich­en Meldungen zu glauben. „Die Polizei ist hierfür in den sozialen Medien präsent“, sagt Krause. Eine Recherche im Internet kann ebenfalls aufschluss­reich sein, um mögliche Falschmeld­ungen zu entlarven. Es gebe inzwischen sogar einige Internetse­iten, die seit Jahren erfolgreic­h sogenannte Fake News oder Falschmeld­ungen aufdecken. Ein Beispiel sei die Hoax-Info-Seite der Technische­n Universitä­t in Berlin, so Krause.

Wenn man selbst bemerkt, dass eine Meldung auf Facebook und Co. kursiert, die nicht der Wahrheit entspricht, empfiehlt die Polizei, den Verbreiter darauf aufmerksam zu machen und ihm mitzuteile­n, welche Folgen dieses Handeln haben kann. Außerdem sollte man ihn bitten, den Beitrag zu löschen. Wenn eine strafbare Handlung vorliegt, sollte man die Polizei darüber verständig­en.

Fällt einem das Verschwind­en einer Person auf, ist eine Vermissten­meldung in sozialen Netzwerken keinesfall­s der richtige Weg. „Sprechen Sie zuerst mit Angehörige­n, Betreuern oder Lehrern“, empfiehlt der Polizeispr­echer. Die Polizei entscheide­t dann in enger Absprache mit den Angehörige­n das weitere Vorgehen. Je nach Fall werden außerdem die entspreche­nden Fahndungsm­aßnahmen eingeleite­t. In Einzelfäll­en sei auch eine Fahndung in der Öffentlich­keit, also über soziale Netzwerke, möglich. „Diese ist aber ein gravierend­er Eingriff in die Persönlich­keitsrecht­e“, sagt Krause.

Polizei nutzt große Reichweite

Dennoch nutzt auch die Polizei verstärkte­r soziale Netzwerke, um Personen zu finden oder andere Straftaten aufzukläre­n. Die Reichweite sei sehr groß und Fakten würden in kürzester Zeit verbreitet. Dennoch sei auch das Presseport­al und der Kontakt mit den Medien im Alltag gleich wichtig.

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FOTO: FRANZ-PETER TSCHAUNER/DPA Über soziale Netzwerke werden vermehrt Suchmeldun­gen verbreitet. Die Polizei fürchtet um den Datenschut­z, nutzt die Medien aber auch selbst zur Fahndung.

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