Schwäbische Zeitung (Biberach)
Dämpfer für Kind
50+1: Hannover-Chef soll zu wenig investiert haben
HANNOVER (SID/dpa) - Verwirrung um die Übernahmepläne von Martin Kind: Nach einer monatelangen Auseinandersetzung mit seinen Gegnern deutet sich angeblich an, dass der Unternehmer bei seinem Kampf um die komplette Macht bei Hannover 96 zumindest vorerst scheitern könnte. Dies berichteten der „Tagesspiegel“und die „Bild“.
Demnach erfüllt der Unternehmer nicht alle Kriterien zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung durch die DFL. Diese besagen, dass ein Investor trotz der gültigen 50+1-Regel die Mehrheit an einem Verein halten darf, wenn er diesen mehr als 20 Jahre „ununterbrochen“und „erheblich“gefördert hat. Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim profitieren in der Bundesliga bereits von dieser Ausnahmeregel. Die Aufwendungen Kinds sollen aber bei Weitem nicht hoch genug gewesen sein, heißt es in den Medienberichten.
In einer offiziellen Reaktion verwies die DFL aber darauf, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. „Das Präsidium wird sich damit in seiner turnusmäßigen Sitzung am Montag befassen“, hieß es. Davon geht auch Kind aus. „Nach unseren Informationen sind das Fake-News. Wir bei 96 sind entspannt“, sagte der Präsident zwei Tage vor dem Derby am Sonntag (18 Uhr/Sky) beim Hamburger SV.
Der mächtige Funktionär hatte sich bislang stets uneingeschränkt optimistisch gezeigt. „Ich erwarte, dass der Antrag bestätigt wird“, hatte der 73Jährige gesagt und für den Fall einer Absage den Rechtsweg in Betracht gezogen. Womöglich könnten dann die bestehenden Bedingungen für Investoren im deutschen Profifußball (50+1Regel) ins Wanken geraten.
Laut „Bild“könnte das Präsidium der DFL aber am Montag auch eine Statutenänderung beschließen, die Kind womöglich doch noch eine Chance auf die Komplettübernahme eröffnet. Die Entscheidung der DFL dürfte für den künftigen Umgang mit Investoren richtungweisend sein. „Wenn die Leute wollen, dass 50+1 beibehalten wird, werden sie zustimmen“, hatte 96-Manager Horst Heldt zuletzt gesagt: „Soll 50+1 fallen, werden sie es ablehnen und hoffen, dass Kind alles für die Liga regelt.“
Seifert deutet Kompromiss an
Tatsächlich weiß auch die DFL, dass es endlich Rechtssicherheit braucht. „Fakt ist: Diese Satzungsregel hat uns weit gebracht, aber deren juristische Stabilität wird angezweifelt“, sagte DFL-Chef Christian Seifert kürzlich. „Wir müssen endlich ehrlich darüber sprechen, ob es zwischen Radikalpositionen eben doch Wege geben kann, bei denen demokratische Teilhabe, soziales Miteinander in Clubs und Mitbestimmung gesichert sind und dennoch Investorenrechte eingeräumt werden können, die ansonsten auf trickreichen juristischen Wegen oder schlimmstenfalls in Hinterzimmern irgendwie doch zustande kommen.“
Experten rechnen Kind vor Gericht sehr gute Chancen aus, die 50+1-Regel zu kippen. Weder kartell- noch EUrechtlich dürfte der Status quo einer juristischen Prüfung standhalten.
HSV-Finanzvorstand Frank Wettstein stellte sich genauso wie Hertha BSC Berlin und andere Vereine auf Kinds Seite. „Ich plädiere dafür, dass jeder Club über seine möglichen Investoren selbst entscheidet“, sagte Wettstein. „Wir haben bei 50+1 doch schon viel zu viele Ausnahmen. „Die Regel ist schon lange ausgehebelt, auch durch RB Leipzig. Die etablierten Clubs werden behindert.“