Schwäbische Zeitung (Biberach)
Schüler lernen, mit Problemen umzugehen
Schulsozialarbeiterin Elfriede Merkel will Kinder und Eltern stärken
MITTELBIBERACH - An der Mittelbiberacher Schule gibt es seit vergangenem Oktober erstmals Schulsozialarbeit. Elfriede Merkel unterstützt die Schüler von der ersten Klasse an in ihrer Entwicklung. Was die Kinder bei ihr in Projekten, Gruppenarbeit oder auch im Gespräch lernen, soll ihnen nicht nur für die Zeit an der Schule helfen, sondern fürs ganze Leben. Denn es geht um soziale Kompetenzen.
„Lehrer, Eltern und auch die Kinder schienen geradezu darauf gewartet zu haben, dass Schulsozialarbeit angeboten wird, alle Türen standen mir offen“, erzählt Elfriede Merkel über den Start in Mittelbiberach. 195 Kinder und Jugendliche besuchen die Schule zurzeit. Die Mehrzahl geht in die Grundschule, ein kleiner Teil besucht die Klassen der auslaufenden Werkrealschule. Sie wolle die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen, sagt Elfriede Merkel. Deshalb sei Schulsozialarbeit nicht erst an den weiterführenden Schulen ein Thema. „Soziales Lernen ist in jedem Alter wichtig.“
Die Kinder und Jugendlichen sind offensichtlich neugierig auf das neue Gesicht an ihrer Schule. „Sie kommen in mein Büro wegen konkreter Fragen oder auch einfach, um mich kennenzulernen“, erzählt Elfriede Merkel, die eine 50-ProzentStelle in Mittelbiberach hat. Dass es so unkompliziert anlief, freut sie. Denn so soll Schulsozialarbeit sein: niederschwellig.
Elfriede Merkels Arbeit besitzt vier Schwerpunkte: Projekte mit Klassen und Gruppen, Prävention, Unterstützung bei konkreten individuellen Problemen und Vernetzung von Lehrern, Eltern, Schülern, Ehrenamtlichen und Vereinen.
Klassengemeinschaft stärken
Bei der Projektarbeit in den Klassen geht es darum, die Gemeinschaft zu stärken, das Bewusstsein für Recht und Unrecht zu erhöhen und die Sozialkompetenz zu trainieren. So plant Elfriede Merkel als erstes größeres Vorhaben ein theaterpädagogisches Projekt. „Die Schüler finden heraus, was sie als Gruppe Tolles bewegen können“, erläutert sie den pädagogischen Hintergrund. Auch bei Gruppenspielen machen die Kinder die Erfahrung, dass Gemeinschaft funktioniert, wenn man sich gegenseitig Halt gibt. Und sie lernen, dass Vertrauen eine wichtige Basis darstellt.
Die Startschwierigkeiten der Erstklässler hat Elfriede Merkel ebenfalls im Blick. Denn für die Kleinen gilt es, in die neue Klassengemeinschaft hineinzufinden. „Wer zu Hause allein oder mit nur einem Geschwisterkind aufwächst, für den ist der Start in die Schule eine Umstellung“, berichtet Elfriede Merkel. „Wir arbeiten daran, dass die Kinder sich als Einzelperson festigen, in die Gemeinschaft hineingehen und mit anderen eine gute Gemeinschaft bilden.“
Im Rahmen der Präventionsarbeit – dazu zählt auch die Gewaltprävention – will Elfriede Merkel das Selbstwertgefühl der Kinder und Jugendlichen stärken. „Ich möchte den Kindern adäquate Möglichkeiten zeigen, wie sie mit Problemen umgehen können“, sagt sie. Mit Gefühlen wie Trauer, Wut, Enttäuschung klarzukommen sei nicht nur für Kinder schwierig. „In der Werbung wird uns vorgegaukelt, dass alles immer perfekt zu sein hat. Aber so ist das Leben nicht. Und es ist deshalb nicht schlecht. Ich zeige den Schülern, wo ihre Stärken liegen. Sie lernen, nicht nur Negatives zu sehen, sondern das Positive und daraus Kraft zu ziehen.“
Bei der Einzelfallarbeit unterstützt Elfriede Merkel Schüler und Eltern bei Problemen. „Meistens wenden sich die Eltern an mich, aber es kommen auch die Kinder selbst, zum Beispiel, wenn es Streit mit Mitschülern gibt“, sagt sie. Diese individuelle Hilfe sei bereits sehr gefragt.
„Das Wichtigste bei meiner Arbeit ist zu schauen, dass ich die Kinder und ihre Eltern stärke, beide stehen unter einem großen Erwartungsdruck von außen“, fasst Elfriede Merkel zusammen. „Das zeigt sich daran, dass schon Strampler mit Abi-Aufdruck verkauft werden. Bereits mit 18 sollen die Jugendlichen sehr viel erreicht haben, dabei hat diese Generation eine Lebenserwartung von 100 Jahren.“