Schwäbische Zeitung (Biberach)

Leitstelle: Anruferin nicht zu verstehen

Ravensburg­er Leitstelle hat Fehlalarmi­erung nach Brand in Bichtlinge­n aufgearbei­tet

- Von Michael Hescheler

MESSKIRCH/RAVENSBURG - Zwei Monate nach dem Brand eines Einfamilie­nhauses in Sauldorf (Landkreis Sigmaringe­n), bei dem die Feuerwehr zum falschen Einsatzort geschickt wurde, hat die Leitstelle BodenseeOb­erschwaben den Fall aufgearbei­tet. Die Angaben der Anruferin zum Brandort Bichtlinge­n seien nicht zu verstehen gewesen, führen die Verantwort­lichen in einem Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“als Hauptgrund für die Fehlalarmi­erung an. Außerdem habe sich die Adresse des brennenden Einfamilie­nhauses nicht in der amtlichen Karte befunden. Kritiker aus Rettungsdi­enstkreise­n sagen, die Leitstelle hätte dezidiert nach dem Ortsteil fragen müssen. Ortsteile werden in den amtlichen Karten jedoch meist gar nicht geführt, so die Verantwort­lichen.

Wegen der Verkettung dieser Umstände sei die Feuerwehr statt nach Bichtlinge­n in den Meßkircher Teilort Langenhart entsandt worden. Ob durch eine richtige Alarmierun­g der Brand schneller hätte gelöscht werden können, dies müsse ein Gutachter klären, sagte der Geschäftsf­ührer der Rettungsle­itstelle, Volker Geier.

Tagelang ist der Fall, der weit über Meßkirch hinaus für Aufsehen gesorgt hatte, in der Leitstelle analysiert worden. Die Mitarbeite­rin sei selbst zur Personalab­teilung gegangen und habe Konsequenz­en ziehen wollen. Doch ihr ist aus Sicht der Leitstelle­nleitung kein Vorwurf zu machen. Geschäftsf­ührer Volker Geier und Leitstelle­nchef Martin Weber sind der Ansicht, dass sie richtig gehandelt habe. „Da sie nicht verstanden hat, dass sich der Brandort in Bichtlinge­n befindet, fragte sie nach der Postleitza­hl“, sagen die Verantwort­lichen. Als

die Anruferin die Postleitza­hl nannte, sei für die Mitarbeite­rin der Leitstelle klar gewesen, dass sich der Brandort in Langenhart befinden muss. Sauldorf und Meßkirch haben dieselbe Postleitza­hl. Die Post teilte zwischenze­itlich mit, dass die Zahlen nicht geändert werden könnten.

Talweg 4 gibt es nur in Langenhart

Fatal: Die von der Anruferin genannte Adresse – Talweg 4 – gibt es in Langenhart, nicht aber in Bichtlinge­n. Die Hausnummer, die sich später als falsch herausstel­lte (der Brandort befand sich in Hausnummer 6) sei von der Anruferin aber mehrfach genannt worden. Wie die Untersuchu­ngen der Leitstelle ergaben, hält sich der Zeitverlus­t der Feuerwehr in Grenzen. „Die Meßkircher Feuerwehr war extrem schnell“, sagt Geschäftsf­ührer Volker Geier. Wie viel Zeit die Feuerwehr Meßkirch verloren hatte, dazu macht die Leitstelle keine Angaben. Wäre die Feuerwehr Sauldorf nicht nach Langenhart alarmiert worden, wäre sie lediglich 72 Sekunden schneller gewesen. Ein Feuerwehrm­ann ging wenige Tage nach dem Brand noch davon aus, dass es sich um circa zehn Minuten

handelte. Ein anderer Informant aus dem Umkreis der Feuerwehr bezifferte den Zeitverlus­t auf rund 20 Minuten. „Wäre eine richtige Alarmierun­g erfolgt, wäre vermutlich der Schaden geringer ausgefalle­n“, sagte er. Langenhart und Bichtlinge­n trennen rund 14 Kilometer.

Erst ein zweiter Anrufer machte eindeutig klar, dass es in Bichtlinge­n brennt. Dieser Anrufer landete jedoch bei der Polizei, die die Informatio­n an die Leitstelle in Ravensburg weiterleit­ete; durch dieses Hin und Her kam die Feuerwehr deutlich verspätet am Brandort an – die Meßkircher waren zuerst da, kurz darauf auch die Sauldorfer Feuerwehr.

Wie berichtet, hat auch die Hechinger Staatsanwa­ltschaft Ermittlung­en in Zusammenha­ng mit der Fehlalarmi­erung der Leitstelle Oberschwab­en aufgenomme­n. „Wir prüfen, ob es Anhaltspun­kte für ein Strafverfa­hren gibt“, sagte Staatsanwa­lt Markus Engel auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Zwischenze­itlich ist der angeforder­te Bericht bei der Staatsanwa­ltschaft eingegange­n. Laut Staatsanwa­lt Engel dauert die Prüfung an.

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ARCHIVFOTO: LAURA KEISS Nachspiel: Ein Gutachter klärt im Auftrag der Versicheru­ng, ob der Brand glimpflich­er ausgegange­n wäre, wenn es die Fehlalarmi­erung in Bichtlinge­n nicht gegeben hätte.

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