Schwäbische Zeitung (Biberach)
Flixbus geht auf die Schiene
Fernbusanbieter will der Bahn langfristig Paroli bieten
MÜNCHEN/BERLIN (AFP/dpa) - Für Bahnreisende gibt es auf zwei Strecken nun wieder eine Alternative zur Deutschen Bahn. Der Fernbusanbieter Flixbus vermarktet nach einer Testphase künftig dauerhaft Fahrkarten für Verbindungen zwischen Stuttgart und Berlin sowie Hamburg und Köln. Die Fernzüge fahren unter der Marke Flixtrain, wie am Dienstag angekündigt wurde. Kunden sollen viele Umsteigemöglichkeiten in Fernbusse erhalten.
Langfristig wolle sich Flixtrain neben den ICE und IC der Bahn etablieren, sagte Flixbus-Gründer André Schwämmlein der „Wirtschaftswoche“. Das Ziel sei eine halbe Million Passagiere in diesem Jahr. Hierfür setze man auf niedrige Preise. Die Tickets sollen nicht mehr als 99 Euro kosten. Als ernsthaften Bahn-Rivalen sieht sich Flixbus aber noch nicht. „Wir fahren bis Sommer drei Züge“, so Schwämmlein. Die Bahn verfügt über 280 ICE-Züge.
BERLIN - Die Deutsche Bahn bekommt auf den Fernstrecken wieder einen Konkurrenten. Mit Kampfpreisen steigt das Busunternehmen Flixbus in den Wettbewerb mit der Bahn ein. Erste Verbindungen gibt es demnächst zwischen Hamburg und Köln sowie Stuttgart und Berlin. Bislang sind alle Konkurrenten der Deutschen Bahn gescheitert.
Das Busunternehmen Flixbus nimmt am 24. März den Regelverkehr zwischen Hamburg und Köln auf. Flixtrain heißt der Ableger des Unternehmens, das es mit Fernbussen in wenigen Jahren vom Neuling zum Fast-Monopolisten gebracht hat. Mitte April folgt nach Firmenangaben der Start auf der Strecke zwischen Stuttgart und Berlin. „Insgesamt 28 Ziele in fünf Bundesländern werden dann per Flixtrain angebunden“, teilen die Münchner mit. Dazu gehören zum Beispiel mittlere Städte im Ruhrgebiet und in Baden-Württemberg.
Kontingent beschränkt
Günstige Preise sollen die Fahrgäste auf beiden Linien anlocken. Die billigsten Tickets kosten 9,99 Euro. Allerdings dürfte dieses Kontingent beschränkt sein. „Schon mit Flixbus haben wir bewiesen, dass Mobilität nicht teuer sein muss“, meint Geschäftsführer Axel Schwämmlein. Gebucht wird im Internet, den Flixbus-Shops oder in kooperierenden Reisebüros. Im Zug verlangen die Schaffner einen „Onboard-Preis“, der vermutlich vergleichsweise hoch ausfällt. Günstiger wird für Kurzentschlossene laut Unternehmen auch kurz vor Abfahrt die Buchung über die Flixbus-App. Der reguläre Fahrschein der Deutschen Bahn für die Fahrt zwischen Hamburg und Köln kostet rund 90 Euro. Allerdings sind die Sparpreise des Branchenprimus deutlich günstiger.
Optisch werden die Züge des Neulings auf jeden Fall für Aufsehen sorgen. Denn der knallgrüne Anstrich der Busflotte wird auch für den Zugverkehr übernommen. Dabei gehören die Triebwagen und Waggons gar nicht dem Unternehmen. Denn der Verkehr wird von eingesessenen Bahnen übernommen. Auf der Verbindung vom Norden in den Westen betreibt der Partner Bahn Touristik Express aus Nürnberg die Züge, zwischen Baden-Württemberg und der Hauptstadt ist die tschechische Bahn Leo Express für den pünktlichen Verkehr zuständig. Dieses Geschäftsmodell hat Flixbus schon erfolgreich im Busverkehr eingeführt.
Das Angebot an Zugverbindungen will Flixtrain nach und nach ausweiten. Im Sommer kommen weitere Zugpaare zwischen Stuttgart und Berlin hinzu. Für den Fahrplanwechsel im Dezember beantragt das Unternehmen weitere Trassen. Die möglichen Reiseziele hat das Unternehmen noch nicht genannt.
Beide Linien wurden zuvor schon betrieben. Doch weder der HKX-Express noch Locomore – so hießen die Züge – konnten den Verkehr wirtschaftlich erfolgreich betreiben. Die Aufgabenteilung zwischen Betreiber und Flixtrain soll, so die Lehre aus diesen Erfahrungen, besser funktionieren. „Der Zug wird stufenweise in das deutschlandweite Mobilitätsangebot von Flixbus integriert“, kündigen die Münchner an. Die Kunden erhalten zum Beispiel durch Umstiegsmöglichkeiten entlang der Trassen neue Reisewege. „Unser Ziel muss es sein, noch mehr Menschen vom Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu überzeugen“, erläutert Schwämmlein.
Ziel: halbe Million Fahrkarten
Eine halbe Million Fahrkarten will Schwämmlein in diesem Jahr verkaufen. Die Deutsche Bahn muss sich vor der neuen Konkurrenz vorerst aber nicht fürchten. Bislang hat es noch kein Neuling im Fernverkehr lange durchgehalten oder gar ein flächendeckendes Angebot aufbauen können. Denn der Einstieg in diese Sparte erfordert hohe Investitionen in das rollende Material. Neue Züge sind teuer und gebrauchte kaum auf dem Markt. Allerdings hat Flixtrain im Gegensatz zu anderen Bahnunternehmen mit dem Fernbusnetz eine gute Voraussetzung für eine Ausweitung des Geschäfts auf die Schiene. Das Unternehmen erreicht mit seinen Angeboten Millionen potenzieller Kunden und kann die Nachfrage durch eine geschickte Preispolitik steuern.
Hinter Flixbus als Dachmarke stehen neben drei Gründern eine Reihe von Finanzinvestoren, darunter auch finanzkräftige internationale Fonds. Im Fernbusverkehr liegt der Marktanteil bei mehr als 90 Prozent. Das Netz wird derzeit nicht nur innerhalb Europas ausgeweitet. Auch in den USA will Flixbus mit seinem Konzept Fuß fassen.