Schwäbische Zeitung (Biberach)
Viele Schulleiter sind unzufrieden
Lehrerverband stellt Studie vor und fordert Entlastung und bessere Bezahlung der Rektoren
STUTTGART (kab) - Zu wenig Zeit, Geld und Unterstützung: Das beklagen Schulleiter aus Baden-Württemberg wie auch aus ganz Deutschland laut einer aktuellen Forsa-Umfrage. „Die Entfernung zwischen politischer Entscheidung und Umsetzung an den Schulen vor Ort ist gewaltig“, erklärte Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, bei der Vorstellung der Studie am Freitag in Stuttgart. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) kündigte indes an, die Schulleiter zu stärken.
STUTTGART - Schulleiter lieben ihren Job, sind mit ihrer Arbeitsbelastung allerdings sehr unzufrieden. Zu diesem Ergebnis kommt eine ForsaUmfrage, die der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Auftrag gegeben hatte. Integration, Inklusion und der Ausbau der Ganztagsschulen treiben die Rektoren laut VBELandesvorsitzendem Gerhard Brand am meisten um. „Und über all dem thront der Lehrermangel“, sagte Brand bei der Vorstellung der Ergebnisse für den Südwesten am Freitag in Stuttgart. Die Studie liefert Zahlen für Baden-Württemberg und für ganz Deutschland.
Die Schulleiter im Land wie auch bundesweit geben der Politik demnach die Note 3,8. So sagten 87 Prozent der Befragten im Land, dass die Politik den Schulalltag bei ihren Entscheidungen nicht ausreichend berücksichtige. Immer mehr Aufgaben müssen sie erledigen, ohne dass sie dafür die entsprechende Entlastung bekommen – so die Kernaussage der Schulleiter. Ihre Forderungen sind klar: 92 Prozent der befragten Rektoren im Land wünschen sich mehr Anrechnungsstunden – diese könnten sie Lehrern für Zusatzaufgaben übertragen. 90 Prozent der Schulleiter fordern mehr Zeit für ihre Führungsaufgaben. Drei von vier Befragten wünschten sich mehr Personal für das Sekretariat oder Hausmeister. Jeder Sechste gibt an, seine Aufgaben nicht befriedigend erledigen zu können. Und dennoch sind die Rektoren hoch motiviert. So gaben 94 Prozent an, gerne oder sogar sehr gerne zur Arbeit zu gehen. Als mit Abstand größtes Problem bezeichneten die Schulleiter allerdings den Lehrermangel.
Leitungszeit schon einmal erhöht
Die Bildungsexpertin der GrünenFraktion, Sandra Boser, verwies darauf, dass die Zeit für Rektoren kleiner Grundschulen für Führungs- und Organisationsaufgaben bereits unter Grün-Rot erweitert wurde. Einiges müsse aber noch passieren. „Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, um Schulleitungen mehr Freiräume für die inhaltliche Schulund Unterrichtsentwicklung zu geben“, so Boser.
Daran arbeite ihr Haus derzeit, betonte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Das Konzept will sie im Frühjahr vorstellen. Dem Vernehmen nach zielt es darauf ab, die Schulleiter durch Schul- und Verwaltungsassistenzen zu entlasten, ihnen mehr Rechte durch eine Änderung
des Schulgesetzes einzuräumen und mögliche Kandidaten für den Posten auf die Führungsrolle frühzeitig vorzubereiten.
Außerdem sollen wohl vor allem die Leiter kleiner Schulen besser bezahlt werden. Aktuell bekommt nämlich ein Leiter einer Schule mit weniger als 80 Kindern kaum mehr als seine Lehrerkollegen. Er wird nach A 12 (beginnend bei 3533 Euro) plus einer Zulage von etwa 170 Euro bezahlt. Das betrifft vor allem Rektoren von Grundschulen auf dem Land. Die Besoldung dieser Schulleiter in
Bayern ist eine Stufe höher. VBELandeschef Brand drohte mit einer Klage, falls das Land die Besoldung nicht endlich angeht.
Verbände nicht eingebunden
Gerhard Kleinböck (SPD) kritisierte, Eisenmann gebe den Schulen zu wenig Handlungsspielraum. „Mehr Kontrolle, mehr Zentralisierung und am liebsten Reinregieren bis ins Deutschheft – das hat mit echter Qualitätsentwicklung nichts zu tun.“Indes vertage die Kultusministerin das angekündigte Konzept zur Stärkung
von Schulleitungen immer wieder und beteilige wichtige Verbände an der Erarbeitung nicht. Darüber hat auch VBE-Landeschef Brand seinen Unmut ausgedrückt. „Wir verstehen nicht, warum wir mit unserer Expertise nicht eingebunden werden“, sagte VBE-Landeschef Brand. Rainer Balzer von der AfD-Landtagsfraktion mahnte an: „Für die Zukunft ist es unabdingbar, die Verbände in die Planungen des Kultusministeriums zur Stärkung der Schulleitungen miteinzubeziehen.“
Eisenmann kündigte am Freitag zudem ein Pilotprojekt an: Sechs Kommunen sollen bereits im nächsten Schuljahr Verwaltungsassistenten bekommen. Bislang kümmern sich die Leiter von Ganztagsgrundschulen darum, die Angebote von Vereinen, Musikschulen und Jugendhilfe in den Schultag einzubinden.
Über den Aufwand klagen die Schulleiter schon lange. In den Pilotkommunen sollen das die Verwaltungsassistenten übernehmen. Der FDP-Abgeordnete Timm Kern begrüßte das zwar. „Doch es bedarf eigentlich keines Schulversuchs, um festzustellen, dass alle Schulen und Schulleitungen eine solche Unterstützung gut gebrauchen könnten.“