Schwäbische Zeitung (Biberach)
Eine dunkle Wolke
Hamiltons Beziehung zu Computern kühlt weiter ab
MELBOURNE (SID) - Lewis Hamilton war schnell in den Freizeitlook gewechselt, doch der Verlust des sicher geglaubten Sieges in Melbourne hing ihm noch lange in den Kleidern. „Es ist nie leicht, einen Grand Prix zu verlieren. Es fühlt sich wie eine dunkle Wolke an“, sagte der Formel-1-Weltmeister, als er sich am Sonntagabend in auffälliger blauer Jogginghose ein letztes Mal in Australien zu seiner Niederlage äußerte. Besonders ein Gefühl ließ Hamilton nicht los: dass der Sieg Sebastian Vettels trotz aller Umstände zu verhindern gewesen wäre – wenn man ihn nur gelassen hätte. „Ich habe nichts falsch gemacht. Ich hielt mich an die Zeitvorgaben. Hätte ich gewusst, dass er in einem gefährlichen Fenster ist, wäre ich in der Lage gewesen, einen Unterschied zu machen“, sagte der Mercedes-Star nach Platz zwei zum Saisonauftakt.
Letztlich hatte den viermaligen Champion nämlich nicht nur eine Safety-Car-Phase um den dritten Australien-Sieg nach 2008 und 2015 gebracht, sondern vielmehr eine Fehlkalkulation der Mercedes-Software. Die stufte Hamiltons Vorsprung für sämtliche Szenarien als ausreichend ein, der Engländer fuhr deswegen in den Runden vor dem Wendepunkt nicht so schnell, wie er gekonnt hätte.
„Laut unserem Computer wären wir mit 15 Sekunden Abstand noch sicher gewesen, und Sebastian lag nur 12 Sekunden vor uns. Wir dachten also, das ist okay, aber wir sind dann hinter ihm gelandet“, erklärte MercedesMotorsportchef Toto Wolff angefressen. „Das war ein Schlag ins Gesicht. Alle sagten, wir würden gleich davonziehen. Das ist nicht der Fall. An der Spitze geht es sehr eng zu. Das ist auch die Message, die alle hören sollten.“
Unabhängig vom Computer, der ohnehin nicht der beste Freund Hamiltons ist („Ich würde lieber mehr nach Instinkt fahren“), hatten die erfolgsverwöhnten Stuttgarter dem eigentlich schwächeren Widersacher Ferrari bereits vor dem Rennstart eine Flanke geöffnet: Mit Blick auf die Taktik war es aus Mercedes-Sicht eine Katastrophe, dass Valtteri Bottas im zweiten Silberpfeil nach seinem Abflug im Qualifying von Platz 15 ins Rennen gehen musste und kaum nach vorne kam. Von Hamilton gab es dazu kein böses Wort. „Valtteri wird hart arbeiten und bald wieder vorne mitkämpfen“, erklärte der Engländer in versöhnlichem Ton.
Bei Ferrari wurde allen voran Vettel nicht müde, auf die Überlegenheit von Mercedes und Hamilton zu verweisen. „Wir hatten Glück mit dem Safety Car“, räumte der Heppenheimer ein: „Wir sind noch nicht ganz da, wo wir sein wollen. Lewis war der schnellste Mann da draußen. Noch sind wir nicht auf dem Level von Mercedes. Daran müssen wir arbeiten.“25 Punkte für seinen 48. GrandPrix-Sieg machen die Aufgabe für Vettel und Ferrari allerdings deutlich angenehmer.