Schwäbische Zeitung (Biberach)
Weichenstellung in Nordamerika
Klaus-Jürgen Bremm über den Siebenjährigen Krieg: „Preußen bewegt die Welt“
DUwe Jauß
er Siebenjährige Krieg (1756 bis 1763) wird von Historikern gerne als erster Weltkrieg kategorisiert. Immerhin sei auf drei Kontinenten gekämpft worden: Europa, Amerika, Asien. Dies ist nicht von der Hand zu weisen. Wobei die Geschichtsschreibung im deutschsprachigen Raum über Generationen hinweg den preußischhabsburgischen Aspekt dieses Krieges in den Mittelpunkt stellte. Der Kern dieser Betrachtung: Friedrich der Große gegen Maria Theresia. Der Siegespreis: die reiche Provinz Schlesien. Friedrich durfte sie am Schluss behalten, während gleichzeitig sein Durchhalten während des Siebenjährigen Kriegs für Preußen den Status einer europäischen Großmacht brachte.
Vor allem im späteren preußischdeutschen Reich erhielt Friedrich deshalb einen Heldenstatus zugewiesen. Richtet man aber nun den Blick wieder auf den globalen Charakter des Konflikts, wird das preußisch-habsburgische Gemetzel um Schlesien zum Nebenkriegsschauplatz.
Packende Geschichtsschreibung
So dezidiert spricht der Militärhistoriker Klaus-Jürgen Bremm dies in seinem jüngsten Werk „Preußen bewegt die Welt – Der Siebenjährige Krieg“zwar nicht aus. In der packend geschrieben historischen Schilderung lässt er jedoch keinen Zweifel dran, dass welthistorisch betrachtet das Zentrum des Krieges in Nordamerika lag. Hier stand der Preußenunterstützer Großbritannien gegen den Habsburger Verbündeten Frankreich. Beide Mächte aus dem westlichen Europa kämpften aber letztlich nur für ihre eigene Agenda: ein nordamerikanisches Kolonialreich.
Großbritannien gelang es, den Franzosen ihre dortigen Besitzungen abzunehmen. Dies machte für die Neu-England-Kolonien und damit für die späteren USA den Weg nach Westen frei und ermöglichte den Aufstieg zu deren heutigen Größe. Indes gibt es in Mitteleuropa schon längst kein Preußen und kein Habsburger Reich mehr. Schlesien ist ein Teil Polens geworden. Zentrale Schlachten wie Kolin, Leuthen oder Kunersdorf wirken wie bloße Fußnoten der Historie. Klaus-Jürgen Bremm hat gut daran getan, den Blick auf den Siebenjährigen Krieg so zu schärfen und damit auch Friedrichs lange überschätzte Rolle zu relativieren.
Klaus-Jürgen Bremm: Preußen bewegt die Welt – Der Siebenjährige Krieg 1756 - 63, Darmstadt 2017, Theiss-Verlag