Schwäbische Zeitung (Biberach)
Tote und Verletzte bei Protesten in Gaza
Palästinenser fordern Rückkehrrecht für Flüchtlinge – Israel setzt scharfe Munition ein
JERUSALEM - Bei Massenprotesten im Gazastreifen ist es am Freitag zu schweren Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Armee gekommen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden mindestens 15 Palästinenser getötet. Alle Toten waren Männer zwischen 18 und 34 Jahren. Zudem wurden rund 1400 Demonstranten an der Grenze zu Israel verletzt, die meisten durch Tränengas.
Nach Aussage der israelischen Armee feuerten israelische Soldaten an der Grenze gezielt auf Rädelsführer der gewaltsamen Proteste mit brennenden Reifen, Steinwürfen und Brandbomben. Ein Sprecher sprach von mehr als 30 000 Demonstranten. An vielen Stellen hätten junge Männer versucht, die Grenzbefestigungen zu durchbrechen. Auf sie sei scharf geschossen worden. Mindestens zwei der Toten seien mit der Hamas verbunden gewesen. Die radikalislamische Hamas wollte mit der Aktion ihren Anspruch auf ein „Recht auf Rückkehr“für palästinensische Flüchtlinge und deren Nachkommen in das Gebiet des heutigen Israels untermauern. Israel lehnt eine Rückkehr in das eigene Staatsgebiet ab.
Der Abgeordnete der israelischen linksliberalen Meretz-Partei, Mossi Raz, forderte am Freitagnachmittag einen sofortigen Waffenstillstand am Gazastreifen. Er kritisierte den Einsatz scharfer Munition auf Twitter mit Nachdruck. Auch die israelische Menschenrechtsorganisation B’tselem hatte im Vorfeld den etwaigen Einsatz von scharfer Munition verurteilt. Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman warnte dagegen vor einer Annäherung an den Grenzzaun. „Jeder, der sich dem Zaun nähert, riskiert sein Leben“, twitterte er auf Arabisch. Die Armee hatte nach einem Bericht der israelischen Nachrichtenseite „ynet“bereits vor den Protesten mehr als 100 Scharfschützen in der Nähe der Grenze postiert.
Fotos zeigten zahlreiche Zelte im Grenzgebiet, Menschen schwenkten palästinensische Flaggen. Demonstranten verbrannten Bilder von USPräsident Donald Trump. Die Organisatoren in Gaza hatten ein symbolträchtiges Datum für den „Marsch der Rückkehr“gewählt: den sogenannten Land-Tag, der an die gewaltsame Niederschlagung palästinensischer Proteste gegen Landkonfiszierung vom 30. März 1976 erinnert. Seitdem finden jährliche Kundgebungen statt. Doch diesmal wählten die Initiatoren in Gaza den Land-Tag als Auftakt einer sechswöchigen Protestkampagne, die sich zugleich gegen die von Donald Trump für den 14. Mai angekündigte Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem richtet. Die Palästinenser wollen Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen eigenen Staat neben Israel.
Der UN-Sicherheitsrat wollte noch in der Nacht zum Karsamstag zusammentreten. Das Gremium wolle sich in einer geschlossenen Sitzung über die Vorgänge informieren lassen, erklärte ein UN-Diplomat am Freitagabend.