Schwäbische Zeitung (Biberach)
Polizei sieht Abschiebezentrum mit Skepsis
CSU-geführtes Innenministerium will Einrichtung bis zum Herbst eröffnen
BERLIN (dpa) - Das Bundesinnenministerium drückt bei der geplanten Neuordnung der Flüchtlingspolitik aufs Tempo und will bis zum Herbst ein erstes Rückführungszentrum in Betrieb gehen lassen. Das Vorhaben werde „höchst prioritär betrieben“, sagte Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) der „Süddeutschen Zeitung“. Eckpunkte wolle man bis nach den Osterfeiertagen vorlegen.
Dass das CSU-geführte Innenministerium in dieser Frage Druck macht, dürfte auch mit der Landtagswahl in Bayern im Oktober zu tun haben. Bis dahin will die CSU Erfolge in der von ihr im Bund verantworteten Innenpolitik vorweisen können. Das Zentrum werde „in Verantwortung der Bundespolizei“betrieben, sagte Mayer. Es solle als Modell für die sogenannten Ankerzentren dienen, in denen einmal das gesamte Asylverfahren abgewickelt werden soll. „Es würde sich anbieten, für das Modellprojekt eine schon vorhandene Einrichtung zu nutzen“, so Mayer.
Denkbare Standorte wären nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“Manching oder Bamberg in Bayern, wo es bereits Transitzentren gibt. Auch die Erstaufnahmeeinrichtung im hessischen Gießen kommt demnach in Betracht. Ein Ministeriumssprecher sagte dazu aber am Freitag der Gießener „Allgemeinen Zeitung“, es gebe im Bundesinnenministerium nicht einmal im Ansatz Überlegungen für solch ein Zentrum in Gießen.
Die Bundespolizei kritisiert den Vorschlag. „Bewachung und Betreuung von Ausreisepflichtigen ist keine polizeiliche Aufgabe“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in der Bundespolizei, Jörg Radek. „Wir bilden nicht Polizisten aus, um Haftanstalten zu betreiben.“Die Bundespolizei sei vor allem für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zuständig. „Aufenthaltsbeendende Entscheidungen oder Maßnahmen“seien verfassungsrechtlich fragwürdig. In der Pflicht sieht Radek hier eher die Justiz oder das Bundesamt für Migration, so Radek.
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, hält die Zentren für den falschen Ansatz, weil Geflüchtete dort vom Rest der Bevölkerung isoliert würden. „Dieser menschenfeindlichen Politik wird noch dadurch die Krone aufgesetzt, dass Seehofer die geplanten Lager von der Bundespolizei betreiben lassen will – als ob Flüchtlinge kriminell seien und von der Polizei beaufsichtigt werden müssen“, erklärte sie.