Schwäbische Zeitung (Biberach)
Sogar ein Nobelpreisträger erkundet Einsteins Wurzeln
Der „Gedenkraum Juden in Buchau“stößt auf immer größeres Interesse – Ab Ostern wieder regelmäßig geöffnet
BAD BUCHAU - Pünktlich zum Osterwochenende beginnt für den Gedenkraum „Juden in Buchau“die neue Saison. Wer einmal eine andere Seite der Buchauer Stadtgeschichte entdecken möchte, ist hier genau richtig: egal ob als Tourist, Einheimischer, Historiker oder Ahnenforscher. Und auch so manch illustren Gast zieht das kleine Museum an – so wie kürzlich den Medizin-Nobelpreisträger Bert Sakmann.
Der Gedenkraum „Juden in Buchau“dürfte eines der kleinsten Museen der Region sein – und steckt doch bis unter die Decke voller Geschichte. Informationstafeln, Vitrinen, Regale finden sich hier, dazu mehrere Hundert Exponate: Dokumente, Fotografien, profane genauso wie sakrale Gegenstände aus dem Leben der Juden in Buchau. Im Laufe der Zeit hat Charlotte Mayenberger, Initiatorin von „Juden in Buchau“, eine ansehnliche Sammlung zusammengetragen.
Und die machte kürzlich auch auf eine Gruppe Wissenschaftler mächtig Eindruck. Physikerin Nancy Hecker-Denschlag, Hanoch Gutfreund, Akademischer Direktor des Einstein-Archivs
und ehemaliger Präsident der Hebrew University in Jerusalem, und der Medizin-Nobelpreisträger Bert Sakmann engagieren sich derzeit beim Aufbau des Albert-Einstein-Discovery-Centers in Ulm. So lag die Verbindung zu Bad Buchau eigentlich nahe: Denn hier, auf dem jüdischen Friedhof, liegen mit Rebecca und Rupert Einstein immerhin dessen Urgroßeltern begraben – genauso wie 97 weitere Mitglieder der großen Familie Einstein.
Der Besuch des jüdischen Friedhofs habe die Wissenschaftler sehr beeindruckt, berichtet Mayenberger. Schließlich sei es nicht selbstverständlich, dass so viele jüdische Spuren die Zeit des Nationalsozialismus überdauert haben. Auch der riesige Ordner mit Fotografien, Auszügen aus dem Familienregister und dem kompletten Stammbaum der Familie Einstein versetzte die Besucher in Erstaunen. Neben einer Kopie des Aufnahmeprotokolls von Baruch Moyses Ainstein – dem ersten Einstein in Buchau und überhaupt dem ersten Juden, der nach dem Dreißigjährigen
Krieg hier aufgenommen wurde – findet sich darin auch ein weiteres Schmuckstück: eine Fotografie Albert Einsteins mit persönlicher Widmung des Physik-Genies.
Ein Teil dieser Sammlung war vor einigen Jahren in Albert-EinsteinAusstellungen in Ulm und Mannheim zu sehen. Weitere Fotografien aus ihrem Archiv hat Mayenberger als Leihgaben dem Jüdischen Museum in Berlin zur Verfügung gestellt. „Es lohnt sich ja nur, in der Geschichte zu wühlen, wenn es wiederverwendet wird“, sagt sie und lacht. Die schönste Sammlung helfe nichts, wenn man sie nicht mit anderen teile.
Obamas Berater zu Besuch
Und dieser Aufgabe kommt Mayenberger besonders gerne nach. Sehr bewegende Begegnungen ergeben sich mit Nachfahren der Buchauer Juden, die heute in Israel, den USA und verstreut in aller Welt leben und hier ihrer Familiengeschichte nachspüren. So wie Abraham Löwenthal aus Boston, ein Nachfahre von Franz Moos. Bei seinem Besuch vor zwei Jahren habe sich sogar das Staatsministerium eingeschaltet, berichtet die Heimathistorikerin – schließlich war Löwenthal als Berater von Barack Obama tätig. Für Mayenberger war er aber „letztendlich ein alter Mann, der die Wurzeln seiner Familie gesucht hat – und der sehr ergriffen war“.
Der Gedenkraum „Juden in Buchau“in der Badgasse hinter der Tourist-Info hat ab dem Osterwochenende wieder jeden Sonnund Feiertag von 14 bis 16 Uhr geöffnet.