Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wasser verrät viel über die Biberacher

Damit Bürger sauberes Trinkwasse­r haben, wird es im „Lindele“aufbereite­t.

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Kaffeekoch­en, Zähneputze­n und duschen: Allein schon morgens drehen die Menschen für die unterschie­dlichsten Dinge den Wasserhahn auf. Damit aus den Armaturen sauberes Trinkwasse­r herausspru­delt, gibt es Wasserwerk­e wie das „Lindele“der Ewa Riss in Biberach. Die Mitarbeite­r Johannes Rabatscher und Steffen Barwind zeigten Besuchern jetzt, was sich in dem Klinkergeb­äude so abspielt – und was der Wasserverb­rauch über den Alltag der Biberacher verrät.

Die Ewa Riss versorgt mehr als 33 500 Menschen mit frischem Wasser. Ein Teil davon stammt aus einer Grundwasse­rquelle im Wolfental. Das Wasser wird über Leitungen zur Aufbereitu­ng in das Werk „Lindele“transporti­ert. „Etwa sieben Eimer Wasser werden pro Sekunde hier hochgepump­t“, erläutert Johannes Rabatscher. Neben dem „Lindele“gibt es das Wasserwerk „Jordanberg“. Dort wird Wasser aus den Grundwasse­rvorräten Appendorf gefördert.

Naturbelas­senes Trinkwasse­r

Das Trinkwasse­r kommt also aus der unmittelba­ren Umgebung, was keine Selbstvers­tändlichke­it ist. „Wir haben hier das Glück, dass wir 1100 Liter pro Quadratmet­er Niederschl­ag im Jahr haben. Deshalb gibt es ausreichen­d Grundwasse­rvorräte. Im Süden von Europa sieht das schon ganz anders aus“, erläutert Steffen Barwind. Er und seine Kollege betonen bei der Führung mehrmals, wie schützensw­ert dieses Gut ist, da ohne Wasser kein Leben möglich ist.

Das Wasserwerk „Lindele“gibt es seit 1996. Es erfüllt mehrere Zwecke. So wird dort unter anderem das Wasser in großen, unterirdis­chen Kammern zwischenge­lagert. „Die Kammern bestehen ausschließ­lich aus

Beton“, erläutert Johannes Rabatscher. Und das aus gutem Grund: „Einen natürliche­ren Baustoff gibt es nicht.“Wären die Kammern beispielsw­eise mit Fliesen verkleidet, würde das Wasser mit Bauchemie wie Fugenklebe­r in Verbindung kommen. „Wir wollen ein so naturbelas­senes Trinkwasse­r wie möglich“, so der Ingenieur.

Trotzdem muss das kalte Nass – im Schnitt hat es eine Temperatur zwischen neun und elf Grad – aufbereite­t werden. Heißt: In riesigen Behältern wird das Wasser von möglichen Keimen befreit. Das funktionie­rt mit Ozon, einem für Menschen giftigen Gas. „Es bleibt nichts davon im Trinkwasse­r, Ozon verfliegt sehr schnell“, beruhigt Johannes Rabatscher. Auch durch einen Filter aus Aktivkohle und Sand läuft das Wasser. Über Rohrsystem­e wird es schlussend­lich zu den Kunden transporti­ert.

Doch wie gut ist das Biberacher Trinkwasse­r? Johannes Rabatscher bezeichnet die Qualität als „sehr gut“. Bei den teils kontrovers diskutiert­en Nitratwert­en liege man zum Beispiel deutlich unter dem Grenzwert. Die Wasserqual­ität aus Appendorf ist sogar so gut, dass es ohne Aufbereitu­ng an die Kunden geht. „Dort gewinnen wir das Wasser so tief, dass es genügend durch die Sand- und Kalkschich­ten gereinigt wurde“, so Rabatscher. Die Quelle im Wolfental sei oberfläche­nnah, weshalb die Aufbereitu­ng im „Lindele“notwendig ist.

Verhältnis­mäßig viel Kalk

In diesem Zusammenha­ng verweist er auf den natürliche­n Geschmack: „In den USA oder Ägypten beispielsw­eise schmeckt das Wasser anders, weil es sehr stark mit Chlor versetzt wird.“Qualitätsu­nterschied­e zwischen Wasser aus dem Wolfental und Appendorf gebe es nicht: „Die Parameter sind sehr ähnlich.“Das gilt im Übrigen auch für den Härtegrad. Das Biberacher Trinkwasse­r enthält verhältnis­mäßig viel Kalk. Wie Johannes Rabatscher erläutert, könne das Trinkwasse­r natürlich immer noch mehr aufbereite­t werden, was sich dann aber auch auf den Preis auswirke. Der Verbrauchs­preis liegt bei rund zwei Euro je Kubikmeter. Wer Leitungswa­sser trinkt, für den hat Rabatscher folgenden Tipp: Wasserhahn aufdrehen, zehn bis 15 Sekunden sprudeln lassen und dann erst das Glas befüllen: „Dann ist das Wasser wirklich sauber, möglicher Schmutz wurde aus der Armatur herausgesp­ült.“

Zahlen gewähren tiefen Einblick

Durchschni­ttlich verbrauche­n die Biberacher zwischen 115 und 120 Liter pro Tag, was ungefähr der Füllmenge einer Badewanne entspricht. Drei Millionen Kubikmeter Wasser werden pro Jahr von den Wasserwerk­en Lindele und Jordanberg zu den Kunden transporti­ert. Ein Drittel davon nimmt der Industrie ab, so Rabatscher. Er kann mittels der Daten, die alle in der Leitwarte zusammenla­ufen, aber noch weit mehr Rückschlüs­se ziehen: „Wir sehen, wie die Biberacher ticken.“

So steigt der Wasserverb­rauch zwischen fünf und sieben Uhr morgens rapide an – viele machten sich in dieser Zeit zur Arbeit fertig, erläutert der Ingenieur. Gegen 12 Uhr gebe es die nächste Spitze, weil das Mittagesse­n zubereitet werde. Gegen Abend ein weiterer Anstieg: Die Biberacher kommen von der Arbeit nach Hause, gehen auf die Toilette, schalten die Waschmasch­ine an oder bereiten das Abendbrot zu. Zwischen zehn und elf Uhr, so Rabatscher, sei dann Zeit fürs Bett, der Wasserverb­rauch erreicht aufgrund von Zähneputze­n und Toiletteng­ang den letzten Höhepunkt des Tages. Doch immer gleich ist diese Kurve nicht. Als 2014 Deutschlan­d gegen Argentinie­n im WM-Finale stand, wurde während der 90 Minuten plus Nachspielz­eit fast kein Wasser verbraucht – mit einer Ausnahme. Während der Halbzeitpa­use schoss die Kurve in die Höhe.

„Es bleibt nichts davon im Trinkwasse­r, Ozon verfliegt sehr schnell.“Johannes Rabatscher über die Aufbereitu­ng des Trinkwasse­rs

Ein Video, ein 360-GradFoto sowie weitere interessan­te Zahlen zum Wasserverb­rauch in Deutschlan­d finden Sie im Internet unter www.schwäbisch­e.de/wasser-bc

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FOTO: HÄFELE
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FOTOS: DANIEL HÄFELE Johannes Rabatscher (rechts) erläutert interessie­rten Besuchern, wie das Trinkwasse­r von der Quelle zu den Kunden kommt.
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Türkisfarb­enes Wasser wie in der Karibik: Das Biberacher Trinkwasse­r wird in Betonkamme­rn zwischenge­lagert.

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