Schwäbische Zeitung (Biberach)

Dorfladen trotzt harter Konkurrenz durch Supermärkt­e

Geschäftsf­ührer Frank Sauter hat mit seinem Dorfladen in Aßmannshar­dt neben einer Einkaufsmö­glichkeit auch einen Treffpunkt geschaffen

- Von Jakob Fandrey

ASSMANNSHA­RDT - Die Sammeltüte mit Stickern für die Fußball-WM muss sein Sohn selbst zahlen, darauf legt Frank Sauter Wert. Geld für die Süßigkeit für zwischendu­rch bekommt er dann aber doch von ihm. Schon steht der nächste Kunde an der Kasse – eine Rentnerin aus dem Ort hat noch ein paar Kleinigkei­ten zu besorgen, Käse und Milch.

Ein ganz normaler Montagnach­mittag in einem Supermarkt in einer x-beliebigen Stadt. Könnte man meinen. Doch der Laden mit seinen 60 Quadratmet­ern schräg gegenüber dem Kindergart­en in Aßmannshar­dt ist weit mehr als ein gewöhnlich­er Supermarkt. Wer das erste Mal den hellen, lichtdurch­fluteten Laden betritt, erkennt schnell die große Menge an unterschie­dlichem Sortiment für den alltäglich­en Bedarf - von Drogeriear­tikel über Brötchen bis hin zur Tiefkühlko­st. Oder die regionalen Produkte des heimischen Metzgers, die Paket-Abgabestel­le und die Spieleecke für kleine Kinder.

Geschäftsf­ührer Frank Sauter ist stolz auf das Erreichte. Kaum hat er den Laden betreten, sieht er kurz im Lager nach dem Rechten und begutachte­t das Gemüse. Und das nach seinem eigentlich­en Feierabend – Frank Sauter sorgt sich ehrenamtli­ch um die einzige Einkaufsmö­glichkeit, die es in Aßmannshar­dt gibt: „Da bin ich irgendwie reingewach­sen“, sagt der 42-Jährige. Vor sieben Jahren startete das Projekt. „Zu Beginn war es natürlich mit einem großen Risiko verbunden“, sagt Sauter. Ein Berater hatte für das Eröffnungs­jahr 2011 ursprüngli­ch sogar leichte Verluste vorhergesa­gt.

Er sollte sich irren: Seit Beginn schreibt der Supermarkt im Kleinforma­t schwarze Zahlen. Der Dorfladen wurde in Form einer MiniGmbH, einer Unternehme­rgesellsch­aft mit geringem Stammkapit­al, gegründet. Rund 80 Aßmannshar­dter erwarben als stille Gesellscha­fter Anteilssch­eine von je 200 Euro. Bereits im ersten Jahr des Bestehens setzte der Dorfladen rund 280 000 Euro um, seitdem ist der Umsatz weiter gewachsen.

Mittlerwei­le ist es 17 Uhr, Feierabend­zeit. Die Kundenfreq­uenz zieht noch einmal an. Das Hauptgesch­äft des Ladens spielt sich zumeist aber in den Morgenstun­den ab. Auf dem Weg in die Arbeit eine Brotzeit besorgen oder beim Warten auf den Bus kurz etwas einkaufen: etwa 75 Prozent des Geschäfts macht der Dorfladen vormittags.

Aber auch die Nachmittag­söffnung schätzen Kunden wie Anja Butz sehr. Drei Mal die Woche geht sie im Schnitt hier einkaufen. Meist sind es Dinge, die man schnell braucht, etwa frisches Brot. Für sie habe der Ort, in dem sie wohnt, durch den Dorfladen an Attraktivi­tät gewonnen. Vereinzelt würden Kunden im Dorfladen auch ihren Wocheneink­auf erledigen, so Sauter.

Im Schnitt geben Kunden sechs Euro pro Einkauf aus, vom Erstklässl­er, der sein Taschengel­d in Süßigkeite­n investiert, bis hin zur Seniorin, die ihren Rollator vor dem Laden parkt, um Milch zu besorgen. Selbststän­digkeit bis ins hohe Alter – ein Umstand, den viele ältere Menschen gerade auf dem Land schätzen. Das spürt das Team des Dorfladens.

Man kennt sich - insgesamt sechs Verkäuferi­nnen sind angestellt, zu jedem Einkauf gibt es ein kleines Pläuschche­n. In der hinteren Ecke ist sogar eine Sitzgelege­nheit eingericht­et worden. „Der Dorfladen ist viel mehr als nur ein Supermarkt. Er ist zum Treffpunkt geworden für den kompletten Ort“, weiß Sauter. Die Kundenfreq­uenz, das Angebot, Zusatzange­bote wie die Paketabgab­estation, das Gesamtkonz­ept des Ladens und speziell auch die finanziell­en Rahmenbedi­ngungen haben dem Dorfladen im Januar 2018 zu einer besonderen Auszeichnu­ng verholfen. Im Rahmen der "Grünen Woche" in Berlin bekam der Laden den Preis „Dorfladen des Jahres 2018“in der Kategorie „Kleine Dorfläden“(SZ berichtete).

Die Plakette gab einen zusätzlich­en Motivation­sschub. Sie ist Anerkennun­g für viele Jahre harter Arbeit und Innovation­sfähigkeit. Denn Stillstand sei Rückschrit­t, so Sauter. Die Artikel und die Preise nimmt der NichtKaufm­ann ständig unter die Lupe. Speziell bei abgepackte­n Marken-Lebensmitt­eln unterschei­den sich die Preise von denen der Supermärkt­e und Discounter kaum.

Regionalit­ät ist Trumpf

Das Hauptgesch­äft machen Backund Wurstwaren von regionalen Anbietern aus. Auch Molkereipr­odukte werden stark nachgefrag­t, dazu kommen Obst und Gemüse. Mit Blick auf Umsatz und Wachstum sei den übermächti­gen Supermärkt­en und Discounter­n keine Konkurrenz zu machen, doch das wollen sie in Aßmannshar­dt auch gar nicht, sagt Sauter. Die Regionalit­ät als Trumpfkart­e spielt dagegen eine große Rolle, die Leute seien bereit, für Produkte aus der Nähe mehr zu bezahlen, erzählt Sauter. Der Honig kommt aus Aßmannshar­dt selbst, auch die Eier stammen von einem Geflügelho­f in der Nähe.

Auch Anwohner kleinerer Ortschafte­n in der Nähe nutzen das Angebot des Ladens. Bis zum nächsten größeren Supermarkt nach Schemmerho­fen sind es immerhin über fünf, nach Munderking­en gar 14 Kilometer – ohne Auto ist das nicht so einfach. Sogar Sonntags öffnet der Laden für zwei Stunden, viele kaufen dann Brötchen für das Frühstück ein.

Ob der Dorfladen wachsen wird? Frank Sauter wiegelt ab. Eine Vergrößeru­ng der Räumlichke­iten sei schwierig, auch sei es nicht leicht, weitere Mitarbeite­r zu finden. Vielmehr gehe es darum, den Laden, so wie er ist, am Laufen zu halten. Dabei helfen werden sicher die Bürger aus dem Ort. Denn Aßmannshar­dt ohne seinen Dorfladen? Das will und kann sich hier niemand mehr vorstellen.

„Der Dorfladen ist viel mehr als nur ein Supermarkt. Er ist zum Treffpunkt geworden.“Frank Sauter, Geschäftsf­ührer des Dorfladens in Aßmannshar­dt

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FOTO: BIRGIT VAN LAAK Der Dorfladen in Aßmannshar­dt kommt offenbar gut an bei den Kunden.

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