Schwäbische Zeitung (Biberach)
Dahinter steht der ganze Gott
„Und“, fragt der Professor den Theologiestudenten am Ende einer schlechten Prüfung, „können Sie denn wenigstens die Dreieinigkeit erklären?“– Da strahlt der Student und meint: „Na, das kann ich! Nun, die Dreieinigkeit kann man so erklären ...“– da unterbricht ihn der Professor: „Tut mir leid, Sie sind durchgefallen. Die Dreieinigkeit kann niemand erklären.“
Wie der Gott der Christen gleichzeitig Vater, Sohn und Heiliger Geist sein kann, ist schwer nachzuvollziehen und schwer zu verstehen. Aber diese Vorstellung von der Dreieinigkeit hilft mir, von Gott zu reden.
Ist das wirklich dieselbe Person? So frage ich mich manchmal, wenn ich Menschen in verschiedenen Situationen erlebe. Da gibt es die sonst zurückhaltende und eher spröde Notarin, die in der Theatergruppe plötzlich locker erscheint und aus sich herausgehen kann. Ich denke an den meist grimmig dreinblickenden Türsteher, dem bei kleinen Kindern das Herz aufgeht und der sanft und liebevoll wirkt.
Ist das wirklich derselbe Gott, so fragen sich Christinnen und Christen seit langer Zeit, wenn sie Gott auf ganz verschiedene Arten und Weisen erleben: Christinnen und Christen erleben Gott als den allmächtigen Schöpfer. Gott hat die Welt erschaffen und ist Herr über Himmel und Erde. Gott hat Macht und hält die ganze Welt in seiner Hand.
Macht schafft Distanz, denn eine mächtige Person empfindet man oft als unnahbar und mitunter angsteinflößend. Ein ganz anderes Gesicht von Gott begegnet uns in Jesus Christus. Jesus begegnet uns auf Augenhöhe. Als kleines und verletzliches Kind kam er auf die Welt. Er war den Mächtigen ausgeliefert und ist am Kreuz gestorben. Christinnen und Christen vertrauen darauf, dass dieser Tod kein Scheitern war, sondern dass Jesus alles ausgeräumt hat, was uns von Gott trennt.
Ein Gott, der in einer menschlichen Person ist, kann nur an einem Ort gleichzeitig sein. Im Heiligen Geist erleben Christenmenschen jedoch auch, dass Gott ihnen immer und überall nahe ist. Gottes Geist begleitet uns in unserem Alltag. Gottes Geist macht den Menschen Mut und stiftet in ihnen den Glauben
Wie drei verschiedene Personen kommen mir diese drei Aspekte von Gott vor und doch ist es ein Gott. Verstehen kann man das kaum. Ganz grundsätzlich erklären wohl noch viel weniger. Aber es hilft mir, von Gott zu sprechen: So wie in der korrekten und spröden Notarin auch ein ausgelassener Mensch und hinter dem finster blickenden Türsteher auch ein kinderfreundliches Wesen steckt, so steckt hinter allen Erfahrungen der ganze und einzige Gott. Wann immer ich einen Aspekt von Gott erlebe, bin ich mir sicher, dass dahinter dennoch der ganze Gott steckt.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Dreieinigkeitsfest.