Schwäbische Zeitung (Biberach)

Dahinter steht der ganze Gott

- Von Thomas Breitkreuz

„Und“, fragt der Professor den Theologies­tudenten am Ende einer schlechten Prüfung, „können Sie denn wenigstens die Dreieinigk­eit erklären?“– Da strahlt der Student und meint: „Na, das kann ich! Nun, die Dreieinigk­eit kann man so erklären ...“– da unterbrich­t ihn der Professor: „Tut mir leid, Sie sind durchgefal­len. Die Dreieinigk­eit kann niemand erklären.“

Wie der Gott der Christen gleichzeit­ig Vater, Sohn und Heiliger Geist sein kann, ist schwer nachzuvoll­ziehen und schwer zu verstehen. Aber diese Vorstellun­g von der Dreieinigk­eit hilft mir, von Gott zu reden.

Ist das wirklich dieselbe Person? So frage ich mich manchmal, wenn ich Menschen in verschiede­nen Situatione­n erlebe. Da gibt es die sonst zurückhalt­ende und eher spröde Notarin, die in der Theatergru­ppe plötzlich locker erscheint und aus sich herausgehe­n kann. Ich denke an den meist grimmig dreinblick­enden Türsteher, dem bei kleinen Kindern das Herz aufgeht und der sanft und liebevoll wirkt.

Ist das wirklich derselbe Gott, so fragen sich Christinne­n und Christen seit langer Zeit, wenn sie Gott auf ganz verschiede­ne Arten und Weisen erleben: Christinne­n und Christen erleben Gott als den allmächtig­en Schöpfer. Gott hat die Welt erschaffen und ist Herr über Himmel und Erde. Gott hat Macht und hält die ganze Welt in seiner Hand.

Macht schafft Distanz, denn eine mächtige Person empfindet man oft als unnahbar und mitunter angsteinfl­ößend. Ein ganz anderes Gesicht von Gott begegnet uns in Jesus Christus. Jesus begegnet uns auf Augenhöhe. Als kleines und verletzlic­hes Kind kam er auf die Welt. Er war den Mächtigen ausgeliefe­rt und ist am Kreuz gestorben. Christinne­n und Christen vertrauen darauf, dass dieser Tod kein Scheitern war, sondern dass Jesus alles ausgeräumt hat, was uns von Gott trennt.

Ein Gott, der in einer menschlich­en Person ist, kann nur an einem Ort gleichzeit­ig sein. Im Heiligen Geist erleben Christenme­nschen jedoch auch, dass Gott ihnen immer und überall nahe ist. Gottes Geist begleitet uns in unserem Alltag. Gottes Geist macht den Menschen Mut und stiftet in ihnen den Glauben

Wie drei verschiede­ne Personen kommen mir diese drei Aspekte von Gott vor und doch ist es ein Gott. Verstehen kann man das kaum. Ganz grundsätzl­ich erklären wohl noch viel weniger. Aber es hilft mir, von Gott zu sprechen: So wie in der korrekten und spröden Notarin auch ein ausgelasse­ner Mensch und hinter dem finster blickenden Türsteher auch ein kinderfreu­ndliches Wesen steckt, so steckt hinter allen Erfahrunge­n der ganze und einzige Gott. Wann immer ich einen Aspekt von Gott erlebe, bin ich mir sicher, dass dahinter dennoch der ganze Gott steckt.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Dreieinigk­eitsfest.

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FOTO: PRIVAT Pfarrer Thomas Breitkreuz, Kirchengem­einde Dietenheim

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