Schwäbische Zeitung (Biberach)

Preisentwi­cklung ist alarmieren­d

- Warthausen

Zu den Artikeln mit den Titeln „Eigenes Haus wird immer mehr zum Luxus“und „Bevölkerun­g wächst in Biberach am stärksten“in der SZ Biberach vom 27. Juni erreichte die Redaktion folgender Leserbrief:

Die Preise für Immobilien sind in Biberach während der letzten fünf Jahre zwischen 37 und 89 Prozent gestiegen (die Kaufkraft eines Arbeitnehm­er-Haushalts erhöhte sich im Vergleich um etwa fünf bis acht Prozent). Warum diese drastische Steigerung? Die Zahl der Arbeitsplä­tze in Biberach ist in den letzten Jahren um 5000 gestiegen. Diese Arbeitskrä­fte bringen etwa 15 000 Familienan­gehörige mit. Überschläg­ig bedeutet das, es kamen annähernd halb so viele Mitbürger neu in die Region, wie Biberach bisher an Einwohnern hat. Wenn dann Baubürgerm­eister Kuhlmann den Mangel an Wohnraum und die daraus resultiere­nde Preisexplo­sion als „erheblich bis überrasche­nd“bezeichnet, kann sich der informiert­e Bürger gar nicht genug wundern. Die Preisentwi­cklung ist nicht „erheblich“, sondern alarmieren­d, zumal der Baupreisen­twicklung immer ein ähnlicher Anstieg der Mieten folgt. Und „überrasche­nd“ist das alles auch nicht, weil die Stadt Biberach diesen Fortgang sehenden Auges in Kauf nimmt und für die Zukunft auch noch verstärkt. Es ist „Dampf im Markt“– und wer sich das Leben in BC nicht leisten kann, geht eben aufs Land, so die Aussage von Johannes Walter (CDU).

Zur jetzigen Zeit, da „die Unternehme­n händeringe­nd neue Mitarbeite­r suchen“(Oberbürger­meister Zeidler) und „unsere Baugebiete voll sind“(Kuhlmann), planen die Bürgermeis­ter in Warthausen schon wieder ein neues Industrieg­ebiet. Dort sollen zunächst 45 000 Quadratmet­er Ackerland in Industrief­lächen umgewandel­t werden (Endausbaup­hase 130 000 Quadratmet­er!). Das bedeutet, wieder mehr Arbeitsplä­tze, mehr Arbeitnehm­er (die es hier nicht gibt), mehr Zuzug, mehr Verkehr. Und das wiederum bedeutet steigende Preise für Bauen und Mieten bei fehlendem Wohnraum, weniger Lebensraum für die Menschen, weniger Grünfläche­n und schlechter­e Luft.

Meinen die Politiker die Beschneidu­ng des menschlich­en Lebensraum­s, wenn sie sagen, dass Stillstand Rückschrit­t bedeute? Wem also nützt das ständige Forcieren der Industrial­isierung trotz erschöpfte­r Reccourcen? Der Bevölkerun­g ganz sicher so nicht. Es gilt den Begriff „Wohlstand“neu zu definieren. Geht es darum, den Lebensstan­dard der Menschen mit wirtschaft­lichen Gütern auszustatt­en oder gilt es, Faktoren wie die Qualität der Umwelt und freie Zeit von Erwerbszwä­ngen, zugunsten der ökologisch­en und sozialen Qualität des Lebens als „Wohlstand“anzuerkenn­en? Früher sagte man, ein Politiker habe dem Volk zu dienen, heute scheint es umgekehrt zu sein.

Sieglinde Maier,

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