Schwäbische Zeitung (Biberach)
Familien leiden unter Bewegungsmangel
Laut AOK-Studie sind viele Eltern schlechte Vorbilder – Vor allem Väter sind zu dick
BERLIN (epd/dpa) - Beengte Wohnverhältnisse, Auto fahren statt zu Fuß gehen, fernsehen anstelle von Ballspielen: Es gibt viele Gründe, warum sich Eltern und Kinder in Deutschland im Alltag zu wenig bewegen. Für jede dritte Familie spiele körperliche Aktivität in der Freizeit überhaupt keine Rolle, heißt es in der am Montag in Berlin präsentierten „AOK-Familienstudie 2018“. Insgesamt seien 36 Prozent der Eltern laut der Umfrage übergewichtig, 22 Prozent seien adipös. Dabei würden Väter (72 Prozent) deutlich häufiger an Übergewicht oder Adipositas leiden als Mütter (50 Prozent). Zudem würden sich nur zehn Prozent der Kinder in Deutschland so aktiv bewegen, wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen.
„Unsere Gesellschaft leidet immer mehr an Übergewicht und Bewegungsmangel“, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Jens Martin Hoyer. Die jüngsten Ergebnisse seien ein Alarmsignal. Eltern kämen ihrer Vorbildfunktion beim Thema Bewegung nicht ausreichend nach. Die AOK-Familienstudie erscheint den Angaben zufolge alle vier Jahre. Für die neueste Ausgabe mit dem Schwerpunkt körperliche Aktivität seien bundesweit rund 5000 Mütter und Väter befragt worden, die Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren haben, davon 500 aus Baden-Württemberg.
Laut Jutta Ommer-Hol, Leiterin der Abteilung Gesundheitsförderung bei der AOK Baden-Württemberg, zeigt die Studie auch, dass Kinder aus aktiven Familien besser in der Schule zurechtkommen, seltener gereizt oder schlecht gelaunt sind und besser einschlafen können. Außerdem zeige sich, dass Kinder mit einem erhöhten Medienkonsum deutlich häufiger unter Kopfschmerzen leiden.
Wie Gesundheitspsychologin Jutta Mata von der Universität Mannheim erläuterte, sollten sich Kinder laut WHO-Empfehlungen täglich mindestens 60 Minuten moderat bewegen, sodass Atmung und Puls leicht zunehmen. Im Durchschnitt seien Kinder in Deutschland aber nur an 3,6 Tagen pro Woche im Sinne der WHO-Empfehlung aktiv, ihre körperliche Aktivität sei damit generell sehr niedrig, betonte Mata, die die Studie begleitet hat.
Eine Rolle spiele dabei offenbar der zunehmende Medienkonsum. „59 Prozent der Kinder von vier bis sechs Jahren nutzen Medien länger als empfohlen, am Wochenende liegt dieser Wert sogar bei 84 Prozent“, sagte Mata. Die Bewegungsdauer könne man am einfachsten durch einen aktiveren Alltag erhöhen, erklärte die Expertin. Die Gesundheitspsychologin empfahl, mehr Bewegung in den Familienalltag einzubauen, also Wege häufiger zu Fuß zurückzulegen sowie möglichst gemeinsam Sport zu treiben oder bewegungsorientiert zu spielen (siehe auch Kasten).