Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nachhaltigkeit auf Zeit
Zum Artikel „Wenn 3420 Liter Wasser pro Minute vom Feld wegfließen“(SZ vom 6. Juni) schreibt eine Leserin: Nun ist es offiziell: Auch die Fläche für das geplante Interkommunale Industriegebiet im Rißtal bei Warthausen steht nach Untersuchungen einer renommierten Ingenieurgesellschaft bei Starkregen unter Wasser. Dessen ungeachtet wird munter weitergeplant. Was würden Sie unternehmen, wenn Sie in einem solchen Gebiet bauen müssten? Ihr Bestreben würde sein, mit allen Mitteln zu verhindern, dass der eigene Grund und Boden unter Wasser steht.
Ein Schutzwall müsste errichtet oder der Platz aufgeschüttet werden. Solche Maßnahmen wären aber unendlich kostenintensiv und vor allem: wo würde das Wasser hinfließen, das bisher vom weitgehend unversiegelten Risstal aufgenommen wird und dort versickern kann, ohne Schäden zu verursachen? Es wird definitiv seinen Weg finden, und zwar gezwungenermaßen dorthin, wo wir Menschen unseren Lebensraum haben. Und die Starkregenfälle werden um ein Vielfaches zunehmen. Nahezu täglich erreichen uns weitere dies bestätigende Nachrichten und Informationen.
Für die politischen Vertreter wie auch für die betreffenden Unternehmer scheinen weder die gewonnenen Erkenntnisse noch die bereits erlebten zahllosen Unglücke und Schäden durch Starkregen – gerade auch in unserer allernächsten Umgebung – ein schlagkräftiges Argument dafür zu sein, das Risstal als natürliches Regenrückhaltegebiet in seiner jetzigen Form zu bewahren und nicht anzutasten.
Vor allem Warthausens und Schemmerhofens Bürger werden durch die Zerstörung dieser natürlichen Regenrückhaltefunktion empfindliche und massive Schäden hinnehmen müssen, von den völlig unkalkulierbaren Kosten für die Behebung derselben ganz zu schweigen.
Die Gemeinden, die in der Verantwortung stehen, weil sie eine solche Verbauung zulassen, werden im Schadensfall wohl kaum weder willens noch in der Lage sein, die volle Haftung zu übernehmen. Mit „Rückzugs“-Floskeln seitens der Verantwortlichen nach dem Motto „Wir haben die geologische und topografische Besonderheit des Risstals zwar gekannt, aber solche Auswirkungen waren nicht zu erwarten“ist im Ernstfall zu rechnen. Davon abgesehen werden die heutigen Entscheidungsträger – wenn erst einmal Hochwasser und Überflutungen ihre Schäden hinterlassen haben – ohnehin nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden können, weil sie dann wohl gar nicht mehr in Amt und Würden sein werden. So schreibt sich denn jeder von ihnen gerne den Begriff der Nachhaltigkeit auf seine Fahnen, in Wirklichkeit ist es eine Nachhaltigkeit auf Zeit.
Ute Pfänder, Galmutshöfen