Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Schuld daran ist Simon Tischer“
Vital Heynen vom Volleyball-Bundesligisten Friedrichshafen besetzt Zuspiel neu – Diagonale bleibt unangetastet
FRIEDRICHSHAFEN - Polen – Belgien – Italien: Das sind aktuell die Länder, in denen sich Vital Heynen, Trainer der Volleyballer des VfB Friedrichshafen, aufhält. Der rastlose ehemalige Zuspieler braucht die sportliche Herausforderung. Still stehen kann er nicht. Am Sonntag fliegt er nach Polen, um die polnische Nationalmannschaft für die WM in Italien und Bulgarien (10. bis 30. September) fit zu machen. Mit Vital Heynen sprach Giuseppe Torremante.
Herr Heynen, haben Sie als polnischer Nationaltrainer eine Pressekonferenz in der Landessprache abgehalten?
Nein. Ich habe zwar in Friedrichshafen und auch danach viele Vokabeln gepaukt, doch ich musste das Team sportlich voranbringen und da kam die Sprache zu kurz. Ich will aber wieder fleißig die Sprache lernen, damit ich mich mit den Nationalspielern bald auf polnisch unterhalten kann.
In der neuen Volleyball-NationsLeague kam Polen nicht unter die besten vier Mannschaften. Waren Sie enttäuscht?
Nein. Ich habe alle 22 Spieler eingesetzt und wir haben viele Spiele gewonnen, kamen in die Endrunde und schieden gegen Russland und die USA aus. Für mich war es kein Beinbruch. Ich habe mir erlaubt, einigen Nationalspielern eine Pause zu gönnen. Unser Ziel sind die Olympischen Spiele in Tokio 2020, wo wir ganz weit kommen wollen. Bei der Weltmeisterschaft im September in Italien und Bulgarien sehe ich, wo ich die Hebel noch ansetzen muss.
Beim VfB Friedrichshafen haben Sie das Herz der Mannschaft, das Zuspiel, komplett ausgetauscht. Warum?
Schuld daran ist Simon Tischer. Er hat aufgehört und dann musste ich handeln. Für Tomas Kocian ist es wichtig, woanders als erster Zuspieler neue Erfahrungen zu sammeln. Tischer weg, Kocian weg, der VfB stand ohne Zuspieler da. Wir mussten handeln. Jakub Janouch beobachte ich schon lange. Er ist ein Zuspieler, der ein gutes Auge und feine Hände hat. Und was ganz wichtig ist, er ist ein großer Kämpfer, nimmt die Mannschaft mit. Das finde ich gut. Martin Krüger habe ich erst dieses Jahr beobachtet und er hat mir gut gefallen. Da war die EntscheiDie
dung einfach: Wir haben beide geholt.
Eine wichtige Position wurde neu besetzt, eine andere, ebenfalls wichtige Position, gelassen. Daniel Malescha und Bartlomiej Boladz bleiben auf der Diagonalen. Glauben Sie, dass beide Spieler in der neuen Saison den Unterschied ausmachen können?
hatten beim VfB Friedrichshafen noch Vertrag. Ich konnte sie nicht wegschicken (lacht). Daniel Malescha war lange verletzt und spielte dann eine ordentliche Saison. Boladz zeigte auch eine gute Leistung, doch ich bin der Überzeugung, dass sie mehr können. In der neuen Saison erwarte ich von beiden eine deutliche Leistungssteigerung. Es sind junge, willige Spieler,
die hart an sich arbeiten und das gefällt mir. Beide Diagonalangreifer haben viel Qualität.
Andreas Takvam wurde in der abgelaufenen Saison zum Außen-Annahmespieler umfunktioniert. Es lief nicht rund. Ist das Experiment gescheitert?
In der Tat. Wir haben etwas versucht, aber es ging daneben. Das passiert im Profisport. Wir haben daraus gelernt und Takvam spielt wieder auf seiner Lieblingsposition, dem Mittelblock. Für die Außen-Annahme holten wir Adrian Aciobanitei und Michal Petras. Aciobanitei hat sich in Frankfurt gut entwickelt. Er schlägt gut auf und im Angriff ist er sehr variabel. Petras habe ich beobachtet. Er spielte bei Aich-Dob (Österreich) mal auf der Außen-Annahmeposition, mal auf der Diagonalen. Er springt sehr hoch und schlägt sehr hart.
Sie haben in den vergangenen beiden Jahren zweimal gegen Berlin die entscheidenden Spiele der Meisterschaft verloren. Warum läuft es in der neuen Saison besser?
Ob es besser läuft, das wird man sehen. Wir haben in den beiden vergangenen Spielzeiten die Hauptrunde dominiert und waren immer Erster. Das heißt, der VfB war 20 Spiele lang das beste Team in Deutschland. In den Play-offs zählt das nichts, weil alles von vorne beginnt. Gegen Berlin hat uns dieses Jahr die Erfahrung gefehlt (2:3). Wir waren nahe dran, aber es hat nicht gereicht. Und wir müssen neidlos anerkennen, dass uns Stelian Moculescu und sein Trainerteam gut gelesen hat. Das muss man akzeptieren und nach vorne blicken. Die erfahrenen Spieler der Recycling Volleys haben Berlin verlassen und das Team hat ein völlig anderes Gesicht. Die Karten werden neu gemischt.