Schwäbische Zeitung (Biberach)
Geschichte und Geschichten im Container
In Romanshorn steht ein kleines Verkehrsmuseum der etwas anderen Art
Wie die Farbe des Bodensees an sonnigen Tagen – so türkisblau leuchtet der neue Bodenseecontainer im schweizerischen Romanshorn. Seit Anfang Juni steht der umgebaute Frachtcontainer dort an der Hafenpromenade und lädt zum Schauen und Entdecken ein. Auf wenigen Quadratmetern zeigt er Verkehrsgeschichten der internationalen Bodenseeregion. Historische
Bilder zum Durchklicken verbergen sich hinter Gucklöchern in einem dreidimensionalen Leuchtkörper, der in der Form des Bodensees das Innere des Containers nahezu ausfüllt. Das Dach bietet einen Rundblick über die Bucht von Romanshorn – dem größten Bodenseehafen der Schweiz, wo Fähren, Segelschiffe und die Eisenbahn nur we- nige Meter voneinander entfernt liegen.
Historisch gesehen gilt Romanshorn als eine Drehscheibe des Verkehrs. Schon früh hat sich die Hafenstadt am Bodensee zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt entwickelt. Deshalb war es naheliegend, dieses mobile Mini-Museum dort zu installieren.
So dreht sich auch in den Geschichten des Erlebniscontainers alles um den Verkehr in der Bodenseeregion und die Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Näher beleuchtet wird der Zeppelin ebenso wie die Pfänderbahn, Dampfschiffe, Fähren und die Eisenbahn, die allesamt dazu beigetragen haben, Wirtschaft, Handel und Tourismus in dem Dreiländereck rund um den See zu entwickeln. Im Container erfahren interessierte Besucher, dass der Bodensee und der Rhein schon im Mittelalter als wichtige Verkehrsverbindungen galten und der Handelsweg Wasser der Region wirtschaftlichen Aufschwung und Reichtum verliehen haben.
„Der Gedanke war, Geschichte, die oft im Verborgenen liegt, aufzuzeigen“, erläutert Stefan Krummenacher, Stadtmarketing- und Kulturbeauftragter der Stadt Romanshorn, das Konzept des Museumscontainers. So sind denn auch mehr oder weniger bekannte Verkehrsgeschichten rund um den Bodensee ans Tageslicht befördert worden. Man erfährt zum Beispiel, dass die Pfänderbahn seit ihrem Beginn im Jahr 1927 mehr als 36 Millionen Menschen von Bregenz auf den Berg transportiert hat, dass Konstanz bereits 1926 ein öffentliches Bussystem eingeführt hat oder dass die Postkutsche „Lindauer Bote“um 1825 in fünfeinhalb Tagen die Strecke LindauMailand über die Alpen zurückgelegt hat.
Ein Kahn für Eisenbahnwaggons
Die Geschichte des Trajekts, der in Romanshorn im nächsten Jahr sein 150-jähriges Jubiläum feiert, liegt Stefan Krummenacher besonders am Herzen. 1876 war der erste Trajekt unterwegs – das erfährt man im kleinen Containermuseum. Der Transportkahn konnte ganze Eisenbahnwagen aufnehmen und ersparte damit den Trägern das mühsame Umladen der Güter vom Schiff an Land. So haben von 1869 bis 1976 Trajektverbindungen zwischen Romanshorn und Lindau beziehungsweise Friedrichshafen für einen effizienteren Güterverkehr am Bodensee gesorgt. Dass dabei auch Unfälle passiert sind, zeigen historische Bilder in den Gucklöchern.
Viel Platz ist nicht in dem türkisblauen Erlebniscontainer. Dennoch tummeln sich hier immer wieder gerne ganze Schulklassen, erzählt Krummenacher, und interessieren sich vor allem für die Gucklöcher. Diese Bullaugen, die einen geheimnisvollen Blick ins Innere des sma- ragdgrünen Leuchtkörpers gewähren, sind geografisch angeordnet und erzählen spannende Geschichten in historischen Bildern. Zusätzlich zeigen die Verkehrsgeschichten an den Innenwänden des Erlebniscontainers nicht nur den regionalen Aspekt des Bodenseeverkehrs, sondern auch internationale Verflechtungen.
International sind auch die Macher des Erlebniscontainers. An dem gemeinsamen Projekt sind neben den Städten Romanshorn, Bregenz, Kreuzlingen, Konstanz, Friedrichshafen und Lindau auch als Partner das Saurer Museum in Arbon, die „Autobau Erlebniswelt“in Romans- horn, die Schweizerische Bodensee Schifffahrt Romanshorn und Provida Romanshorn beteiligt. Die Szenografin Claudia Schmauder hat das Konzept aktiv begleitet und mit den Kooperationspartnern zusammen entwickelt. Auf einer Kreidewand am linken Tor können Besucher übrigens ihre Spuren hinterlassen und selbst malen oder einen Kommentar schreiben.
Weil der Bodenseecontainer nicht nur Mobilitätsgeschichte erzählt, sondern selbst mobil ist, kann es durchaus sein, dass er in den nächsten Jahren auch an anderen Orten rund um den Bodensee gezeigt wird. Der Erlebniscontainer ist täglich von 8.30 Uhr bis 19 Uhr kostenlos zugänglich. Wer noch mehr über Verkehrsthemen in Romanshorn und am Bodensee wissen will, kann in der Eisenbahn-Erlebniswelt „Locorama“in Romanshorn alles rund um den Schienenverkehr erfahren. Das „Museum am Hafen“in Romans-horn zeigt die Entwicklung Romanshorns als prominente nationale und internationale Verkehrs-Drehscheibe am Bodensee. Und das Automuseum „AutobauErlebniswelt“in Romanshorn zeigt als Privatsammlung jede Menge exklusive Flitzer.