Schwäbische Zeitung (Biberach)
Jesidin fühlt sich im Irak sicher
Deutsche Behörden weisen Vorwürfe von Aschwak Talo zurück
RAVENSBURG (saf) - Die in den Irak geflüchtete Jesidin Aschwak Talo befindet sich in einem Flüchtlingscamp im Nordirak. Dort fühlt sie sich sicher vor ihrem mutmaßlichen ISPeiniger. Das bestätigt der kurdische Journalist Barham Ali im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Talo war nach eigenen Angaben in Schwäbisch Gmünd dem Mann begegnet, der sie über Monate in Syrien als Sklavin gefangen gehalten haben soll.
RAVENSBURG - Die aus Deutschland vor ihrem mutmaßlichen IS-Peiniger in den Irak geflüchtete Jesidin Aschwak Talo soll sich in der autonomen kurdischen Region im Irak sicher fühlen. Das bestätigte Barham Ali, der Chef der kurdischen Nachrichtenseite Basnews, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Er hatte Talo als Erster in einem Camp für Vertriebene in der nordirakischen Provinz Dohuk interviewt.
Die Frau hatte angegeben, im Februar 2018 in Schwäbisch Gmünd einen Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats namens Abu Humam gesehen zu haben. Dieser habe sie monatelang in Syrien als Sklavin gehalten.
Die Heimatstadt ist verwüstet
„Sie fühlt sich sicher, da Abu Humam nicht hier ist“, sagt Barham Ali. Die Region Kurdistan, wo auch ihre Familie lebe, sei das sicherste Gebiet im Irak. Bevor sie ihren Peiniger getroffen habe, habe sie allerdings in Deutschland eine bessere Zukunft erwartet. „Ihre Heimatstadt nahe Shingal ist, obwohl vom ,Islamischen Staat‘ befreit, ein verwüstetes Gebiet.“Ali erwartet von Deutschland und anderen EU-Staaten, den Jesiden dabei zu helfen, „ihre Heimatstädte wieder aufzubauen und sie gegen zukünftige Bedrohungen abzusichern“. Außerdem fordert er von der deutschen Regierung und den Behörden, dass sie gegen getarnte IS-Kämpfer vorgehen. Dass Talos Geschichte wahr ist, daran hat er keine Zweifel: „Als ich mit ihr sprach, hatte ich das Gefühl, dass sie in guter Verfassung war und in vollem Bewusstsein über das, wovon sie sprach.“
Dass es ähnliche Fälle gibt, hält er für wahrscheinlich. Er habe jesidische Freunde, die berichteten, dass geflüchtete Kurden auf IS-Milizen gestoßen seien. Konkrete Schicksale kenne er allerdings nicht.
Dass mehrere Jesidinnen von ähnlichen Fällen berichtet haben, bestätigte ein Sprecher des Stuttgarter Innenministeriums im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Polizei gehe den Hinweisen nach.
Richard Arnold (CDU), Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, wies derweil die Vorwürfe Talos zurück, die Behörden in Deutschland hätten sie im Stich gelassen. „Man hat alles unternommen, um die junge Frau zu schützen“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“und den „Stuttgarter Nachrichten“. Angesichts des schweren Schicksals der von Kämpfern des IS monatelang versklavten Frauen habe man ihrer Betreuung von Anfang an größte Aufmerksamkeit geschenkt. „Wir haben versucht, ihr umfassend Sicherheit zu geben“, betonte Arnold mit Blick auf Aschwak Talo. Ihr sei auch ein Wohnungswechsel angeboten worden, den sie aber abgelehnt habe.
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, die Polizei und das Landeskriminalamt hätten nach der Anzeige der jungen Frau alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet, um sie zu schützen. Seit Juni ermittelt die Bundesanwaltschaft in dem Fall.