Schwäbische Zeitung (Biberach)
Bund erhöht das Wohngeld
Auch sollen 100 000 Sozialwohnungen gebaut werden
BERLIN (AFP) - Zur Linderung der Wohnungsnot in Städten und Ballungsgebieten will die Bundesregierung unter anderem das Wohngeld erhöhen und Bauland zur Verfügung stellen. Das kündigte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Freitag nach dem Wohngipfel im Kanzleramt an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, in dieser Legislaturperiode würden zusätzlich mehr als 100 000 Sozialwohnungen gebaut. „Die Frage des Wohnens ist eine gesellschaftliche Frage, die uns alle angeht“, hob Merkel hervor.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach von einem „ganz starken Signal“für die Wohnraumoffensive der Regierung. Bei den vereinbarten Maßnahmen handele es sich um „die größte Anstrengung, die je in dieser Breite“unternommen wurde, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ziel der Regierung sind 1,5 Millionen neue Wohnungen in dieser Legislaturperiode.
BERLIN - Kampf gegen hohe Mieten: Die Bundesregierung will mit einem umfangreichen Bündel an Maßnahmen die Wohnungsnot in zahlreichen Städten lindern. Patentrezepte oder Weiße Salbe – wie wirksam sind die Pläne? Petra Sorge mit wichtigen Antworten zum „Wohngipfel“im Bundeskanzleramt.
Union und SPD versprechen 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime bis 2021. Wie wollen sie das schaffen?
„Gemeinsame Wohnraumoffensive“nennt sich das 13-seitige Papier, das die Ergebnisse der zweieinhalbstündigen Beratungen von Immobilienwirtschaft und Politik beim gestrigen „Wohngipfel“zusammenfasst. Die wichtigsten Maßnahmen: mehr sozialer Wohnungsbau, üppige Städtebauförderung, ein Plus beim Wohngeld. Von einer „großen Kraftanstrengung“sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern. Wohnen sei „eine der wichtigen sozialen Fragen“. Die Maßnahmen seien die umfassendsten, „die je unternommen wurde in dieser Breite, um sozialen Wohnungsbau zu schaffen“, sagte Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU).
Woher sollen die neuen Sozialwohnungen kommen?
100 000 zusätzliche Sozialwohnungen verspricht die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode. Fünf Milliarden Euro stellt der Bund den Ländern bis 2021 mindestens zur Verfügung. Damit soll der Schwund von Sozialwohnungen bundesweit gestoppt werden. In den vergangenen 30 Jahren ist der Bestand von rund vier auf 1,25 Millionen geschrumpft, zahlreiche Städte haben ihre kommunalen Wohnungen verkauft. Damit der Bund den Ländern und Kommunen auch künftig bei der Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus helfen kann, wird das Grundgesetz geändert – Bundestag und Bundesrat müssen also mit Zwei-DrittelMehrheit zustimmen. Der Bund will künftig auch selbst als Bauherr auftreten. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben soll bezahlbare Wohnungen für die Bundesbediensteten schaffen, insbesondere für Sicherheitskräfte.
Sind die Pläne der Bundesregierung wirksam?
Der Deutsche Mieterbund bezweifelt das. „Unserer Ansicht nach müssten 100 000 Sozialwohnungen jedes Jahr gebaut werden und nicht in der ganzen Legislaturperiode“, sagte Bundesdirektor Lukas Siebenkotten im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Dafür seien fünf Milliarden Euro pro Jahr, nicht pro vier Jahre nötig. „Der große Wurf ist das also bei Weitem nicht“, so Sie- benkotten. Der Deutsche Städtetag begrüßte die Maßnahme, forderte aber ein dauerhaftes Engagement des Bundes über 2021 hinaus. „Das bleibt für uns als Städte als Forderung auf der Agenda“, sagte Präsident Markus Lewe gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.
Es soll mehr Wohngeld geben. Was ist da geplant?
Ab 1. Januar 2020 wird das Wohngeld ausgeweitet und angehoben. So sollen einkommensschwache Haushalte bei den Wohnkosten unterstützt werden. „Notwendig ist aber ein Automatismus“, kritisierte Mieterbund-Bundesdirektor Siebenkotten. „Der müsste jedes Jahr entsprechend den Mietsteigerungen angepasst werden.“
Wo investiert der Bund außerdem noch?
Wesentlich ist die Städtebauförderung. 790 Millionen Euro stellt der Bund bereit, damit Ortskerne erneuert sowie Brach- und Randgebiete entwickelt werden können. Bundeseigene Grundstücke sollen vermehrt den Kommunen zur Verfügung gestellt, Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. Auch der klimafreundliche oder altersgerechte Umbau wird gefördert. Das Baurecht soll gelockert, die Chancen der Digitalisierung besser genutzt werden. Die Bundesregierung setzt aber auch auf Altbekanntes und bereits Beschlossenes. Dazu zählen die 2,7 Milliarden Euro für das Baukindergeld, mit denen junge Familien höchstens 12 000 Euro über zehn Jahre erhalten, die Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsbau und die Wohnungsbauprämie für Bausparer.
Kann die Bauwirtschaft so viele Immobilien bauen?
Das ist ungewiss, der Bauboom führt überall zu Engpässen. Deshalb will die Regierung zugleich eine Fachkräfte-Initiative im In- und Ausland starten, die Attraktivität der Bauberufe stärken. Bundesbauminister Seehofer erklärte auch, dass die Regierung noch bis Jahresende das geplante Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz vorlegen werde.