Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wenn der Rohrreiniger richtig teuer wird
Neuravensburger Familie warnt vor Nepp eines 24-Stunden-Diensts, der im Internet wirbt
NEURAVENSBURG/WANGEN Wenn der Abfluss der Toilette mal verstopft ist, kann sich das als teure Angelegenheit herausstellen – ganz abhängig vom Aufwand bei der Reparatur. Für eine Familie aus Neuravensburg wurde es besonders kostspielig: Sie geriet übers Internet an eine unseriöse Firma und zahlte kräftig drauf. Jetzt will sie warnen.
Es war ein Tag im August, als das Wasser aus der Toilette nicht mehr ablief. Genauer gesagt, ein Abend, als die der Familie bekannte, hiesige Sanitärfirma Feierabend hatte und telefonisch nicht mehr erreichbar war. Also ging man ins Internet, googelte „Rohrreinigung Wangen“und wurde fündig: bei einem Reparaturdienst, der einen 24-Stunden-Service anbot. Schnell, zuverlässig und ohne Anfahrtskosten, so lautete das Versprechen im Netz.
Der telefonische Kontakt zur Firmenzentrale war schnell hergestellt, und rund zwei Stunden später meldete sich der offenbar von dort beauftragte Monteur. Zwar erschien er nicht mehr am selben Abend, hielt aber seine Zusage, am nächsten Tag zu kommen. Vor Ort, in Neuravensburg, stellte er die „Diagnose“rasch: „Das ist schnell erledigt“, habe der Mann gesagt, berichtet die Familie. Die veranschlagten Kosten: 79 Euro für die Arbeit und 99 Euro pro Meter benötigter Spirale, um das verstopfte Rohr freizubekommen.
Und tatsächlich: Nach einer halben Stunde war alles erledigt. Das Wasser aus der Spülung lief wieder ab, also ging es ans Bezahlen. Dann präsentierte der Monteur seine Rechnung – und verlangte 780 Euro. Aus heutiger Sicht ist die Neuravensburgerin, die den Dienst beauftragt hatte, sicher: Die 79 Euro hätten pro Viertelstunde gegolten, und den Hinweis auf dem entsprechenden Formular habe der Mann vor Beginn der Arbeiten mit dem Finger verdeckt. Zudem will er fünf Meter Spirale verbraucht haben. Deshalb die hohe Summe.
„Und ich habe das auch noch bezahlt“, sagt die Frau – und ärgert sich im Nachhinein über sich selbst. Nicht nur wegen des hohen Betrags, sondern auch wegen des Arbeitsergebnisses. Denn kaum war der Monteur weg, testete die Familie die Spülung nochmals. Ergebnis: Das Wasser lief zwar weiter ab, jetzt aber trat es zwischen Wand und Toilette aus.
Was folgte, lässt sich laut Schilderung der Neuravensburgerin gut mit einer telefonischen Odyssee beschreiben: Die Zusage der Zentrale, der Monteur kehre sofort zurück, wurde nie eingelöst. Am zweiten Tag des Nachhakens kam die Familie dann gar nicht mehr durch. Sie vermutet, dass mittlerweile ihre Nummer blockiert worden war. Auch wechselte die im Internet angegebene Festnetznummer des angeblichen 24-Stunden-Dienstes alle paar Tage.
Das Vertrauen in das Unternehmen war bei den Neuravensburgern ohnehin längst weg. Auch weil ihnen im Nachhinein aufgefallen war, dass der Monteur in einem Lieferwagen ohne sonst übliche Firmenbeschriftungen unterwegs war. Dazu machte das Kennzeichen stutzig: OB. Das steht für Oberhausen in NordrheinWestfalen.
Typische Schlüsseldienstmasche
Googelt man dieser Tage den von der Familie in Anspruch genommenen Dienst, wird man fündig: Er bietet seine „Leistungen“aktuell offenbar in Witten an – und zwar unter derselben 0180-Nummer, die schon die Neuravensburger gewählt hatten. Auch Witten liegt in NRW und lässt darauf schließen, dass der angeblich lokale Service weit über die Region hinaus tätig ist. Darauf deutet darüber hinaus das Impressum hin: Es weist eine Adresse in Düsseldorf aus.
Die Neuravensburger haben längst einen Rechtsanwalt eingeschaltet und den Fall bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Auf dem Wangener Revier hieß es, dass sie nicht die einzigen Betroffenen seien. Wobei die Pressestelle des Polizeipräsidiums einschränkt: Bei Rohrreinigungen seien solche Fälle von Bauernfängerei eher selten. Zumindest verglichen mit dem Nepp unseriöser Schlüsseldienste, wie ein Sprecher es einordnet.