Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ein neues Büro für 102 750 Euro
Kosten laufen völlig aus dem Ruder – Gemeinderat kritisiert Vorgehensweise
BAD SCHUSSENRIED - Ohne vorab den Gemeinderat darüber zu informieren, hat Bad Schussenrieds Bürgermeister Achim Deinet im März sein Büro sanieren lassen. Das allein sorgte bei manchen schon für Unmut. Das Ganze eskalierte, als nun im Nachhinein bekannt wurde, dass die Kosten für die Sanierung sich auf insgesamt 102 750 Euro belaufen. Der Gemeinderat folgte am Donnerstag in der öffentlichen Sitzung einem Antrag der FUB/BL-Fraktion und missbilligte die Vorgehensweise des Bürgermeisters ausdrücklich. Außerdem änderte der Rat die Hauptordnung und schränkte somit den künftigen Spielraum des Bürgermeisters bezüglich finanzieller Maßnahmen ein.
Wie kann die Sanierung eines einzigen Zimmers mehr als 100 000 Euro kosten? Diese Frage stellten sich wohl viele in den vergangenen Wochen. Eine erste Antwort erhielten die Gemeinderäte im August. Die per E-Mail zur Verfügung gestellte Kostenübersicht, die auch der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, warf jedoch neue Fragen auf: Warum kostet der neue Bildschirm des Bürgermeisters 6000 Euro? Warum belaufen sich die Rechnungen für Schreinerarbeiten auf 34 412 Euro? Und warum kosten allein die neuen Büromöbel 15 069 Euro?
Sanierung dringend nötig
Antworten auf einen Teil dieser Fragen gab es in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend. Deinet erinnerte daran, dass die Sanierung des Büros längst überfällig gewesen sei. Die Möbel stammten noch aus den 70er-Jahren, mehrfach habe er diese selbst repariert. Die Sanierung des Rathauses sei immer wieder zugunsten anderer Projekte zurückgestellt worden. Auch sei er wiederholt von anderen Politikern und Geschäftspartnern auf den „unzeitgemäßen Zustand“seines Büros angesprochen worden.
Für die Sanierung habe er zu Beginn einen Zeitraum von zwei Wochen eingeplant – und Gesamtkosten in Höhe von 20 000 Euro. Bereits zu Beginn der Bauarbeiten habe sich jedoch abgezeichnet, dass dieser Kostenrahmen nicht zu halten sei. Die erste Woche der Bauarbeiten sei er im Urlaub gewesen. „Als mir dann mitgeteilt wurde, dass die Sanierung deutlich teurer wird, habe ich schlichtweg nicht daran gedacht, den Gemeinderat zu informieren, weil ich mit anderen Dingen belastet war“, erklärte er im Hinblick auf den massiven Krankenstand in der Verwaltung. Das sei keine Absicht, sondern ein Versehen gewesen.
Deinet zählte dann auf, was im Laufe der Arbeiten alles entdeckt wurde. Die Fenster seien undicht gewesen. Als die Handwerker die Tapete abziehen wollten, sei ihnen der Putz entgegengekommen. Dann habe man festgestellt, dass es sowohl beim Boden als auch bei der Decke einen Höhenunterschied gab. Und: Als die Handwerker die alte Zwischendecke
entfernten, die vor Jahren mal eingezogen worden war, entdeckten sie darunter alten Stuck, der nach den Vorgaben des Denkmalschutzamtes wieder aufgearbeitet werden musste. Um all die anderen Mängel zu beheben, seien massive Mehrarbeiten nötig gewesen. „Die Erneuerung der Fenster und die Arbeiten an der Außenfassade gehören aus meiner Sicht auch nicht zur Sanierung des Büro und sind aus den Gesamtkosten eigentlich herauszurechnen“, ergänzte Deinet.
„Kompetenz nicht überschritten“
Aus seiner Sicht hat Deinet mit der Beauftragung der einzelnen Arbeiten nicht seine Kompetenzen überschritten. Zwar sei die Sanierung des Büros
nicht im Haushalt eingeplant gewesen. Es gebe aber einen pauschalen Betrag für die Unterhaltung der städtischen Gebäude. Und die bisherige Hauptsatzung sieht vor, dass für im Haushaltsplan eingestellte Projekte der Bürgermeister bis zu Beträgen von 25 000 Euro frei agieren kann. „Da die einzelnen Gewerke diesen Betrag nicht überschritten haben, war das kein Problem“, so Deinet. Erst als sich im Juni/Juli abzeichnete, dass es zu einer erheblichen Überschreitung komme, habe er den Rat darüber informiert, wenn auch zu Beginn ohne konkrete Zahlen zu nennen. Diese habe die Verwaltung dann im August nachgereicht, als die Rechnungen der Handwerker vorlagen.
„Es ist unstrittig, dass die Renovation
dringend nötig war“, sagte Alexander Eisele (FUB/BL) in der nachfolgenden Diskussion. Auch neue Möbel seien absolut gerechtfertigt gewesen. Allerdings stelle sich die Frage, ob es immer das Teuerste sein müsste – „wenn es gleichzeitig so oft heißt, es ist kein Geld da“. Büromöbel für 15 000 Euro? Das müsse auch billiger gehen. Daher sei es nicht akzeptabel, dass die Sanierung eines einzigen Zimmers über 100 000 Euro koste. Das Wichtigste sei jedoch, dass der Gemeinderat zu keinem Zeitpunkt in das Vorhaben involviert gewesen sei. „Das passt nicht zusammen“, so Eisele. Deinet erwiderte, dass er nicht „sein Wohnzimmer“saniert habe. „Das sind Arbeitsmittel, die notwendig sind“, sagte er im Hinblick auf seinen neuen Bildschirm und die Büromöbel.
Die anderen Fraktionen äußerten sich ähnlich. „Dass die Kosten bei einem denkmalgeschützten Gebäude aus dem Ruder laufen, ist ärgerlich, aber nachvollziehbar“, argumentierte Wolfgang Dangel von den Freien Wählen. Allerdings sei es ein Fehler gewesen, den Rat nicht frühzeitig zu informieren. Peter Vollmer (CDU) äußerte die Befürchtung, dass ein Teil der Arbeiten eventuell umsonst gewesen sei, da im Moment noch nicht absehbar sei, wie die geplante Gesamtsanierung des Rathauses ablaufen werde. Deinet widersprach. Jegliche jetzt getätigten Arbeiten seien ein logischer Vorgriff auf die anstehende Sanierung gewesen.
Künftig gilt nun: Der Bürgermeister ist zuständig für die Umsetzung von geplanten Projekten, die so im Haushaltsplan drinstehen bis zu einem Betrag von 25 000 Euro insgesamt. Alles, was mehr kostet, muss dem Gemeinderat vorgebracht werden.