Schwäbische Zeitung (Biberach)
Bayern will mit Ankerzentren Modell für den Bund schaffen
Seit August geht Bayern bei neu ankommenden Flüchtlingen einen eigenen Weg. Jeder Neuankömmling wird in eines der sieben Ankerzentren im Freistaat einquartiert. Dort muss sie oder er bleiben, bis über den Asylantrag entschieden ist. „Anker“steht für „Ankunft, Entscheidung und Rückführung“. Möglichst schnell, effektiv und ohne unnötige Bürokratie soll das gehen, in den Zentren sitzen die Entscheidungsträger mit Außenstellen direkt vor Ort – das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf ) sowie das Verwaltungsgericht, die Rückkehrberatung und die Arbeitsagentur.
Bayern – im August noch mit absoluter CSU-Mehrheit regiert – setzt mit den Ankerzentren als einziges Bundesland um, was Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für ganz Deutschland vorschwebt. Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition steht, dass Asylverfahren künftig in Ankerzentren gebündelt werden. Geplant ist außerdem, nur diejenigen Flüchtlinge in Kommunen zu verteilen, bei denen eine positive Bleibeprognose besteht. „Alle anderen sollen, wenn in angemessener Zeit möglich, aus diesen Einrichtungen in ihre Heimatländer zurückgeführt werden“, haben die Koalitionspartner vereinbart.
Besuch ist nicht erlaubt
Besuch von außerhalb ist in den Ankerzentren verboten, rund um die Uhr bewachen die Sicherheitsleute das hoch eingezäunte Areal. Die Bewohner erhalten ein Taschengeld von 90 Euro im Monat und jedes Vierteljahr 100 Euro für Bekleidung.
Der Bayerische Flüchtlingsrat lehnt das System der Ankerzentren ab, er bezeichnet sie als „Abschiebelager“. Die Lebensbedingungen seien menschenunwürdig, heißt es in einer Stellungnahme. Beklagt werden „hohe Zäune, geschlossene Tore, Überwachung, Wohnen auf engstem Raum“. Vor allem gehe es um Abschottung. Ziel sollte aber vielmehr „die schnelle Unterbringung in kleinen Unterkünften und Wohnungen sein“. Bayernweit gibt es derzeit laut Innenministerium 14 000 Plätze in den Ankerzentren, gegenwärtig sind 9000 belegt.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lobt die eigene Asylpolitik: Immer häufiger dürften „die Richtigen“bleiben, und „die Richtigen“müssten das Land verlassen. Mit den Ankerzentren werden vor allem schnellere Verfahren angestrebt. Vorgesehen ist eine Verweildauer von maximal sechs Monaten. Wie lange die Flüchtlinge aber tatsächlich in den Ankerzentren ausharren, darüber können die Behörden noch keine Auskünfte geben.
Südwesten geht anderen Weg
Baden-Württemberg hat ein ganz anderes System bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Neu ankommende Asylbewerber werden in Ankunftszentren registriert. Ist eine sehr schnelle Entscheidung zu erwarten, bleiben sie dort. Ansonsten werden sie auf Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt, wo sie bis zu sechs Monate untergebracht sind. Danach kommen sie in die dezentralen Unterkünfte, die die Landkreise zur Verfügung stellen.