Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wenn die Realität das Tatort-Drehbuch einholt

Neuer Schwarzwal­d-Fall erinnert an die vermisste Maria H., die plötzlich wieder in Freiburg auftaucht

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Mit „Für immer und dich“läuft in der ersten Jahreshälf­te 2019 ein Tatort in der ARD, der in mehrerer Hinsicht anders ist. Davon haben sich bereits jetzt Besucher der Biberacher Filmfestsp­iele überzeugen können. Der vierte Fall des Schwarzwal­d-Ermittlert­eams ist keine reine Fiktion, weil die Handlung vor ein paar Wochen von der Realität eingeholt wurde.

Mehr als fünf Jahre nach ihrem Verschwind­en ist Maria H. wieder zurück in Freiburg. Die damals 13-Jährige soll 2013 freiwillig mit einem älteren Mann Deutschlan­d und ihre Familie verlassen haben. Unerwartet kontaktier­t Maria H. dann ihren Vater und klärt ihn über ihren Aufenthalt­sort auf. Kurz darauf holen Freunde der Familie die 18-Jährige in Mailand ab und bringen sie zurück nach Deutschlan­d.

Als diese reale Nachricht die Regisseuri­n Julia von Heinz erreicht hat, war dies für sie nach eigener Aussage eine große Überraschu­ng: „Ich habe viele Anrufe und SMS von Bekannten und Mitwirkend­en an diesem Tag erhalten.“Denn ihr Tatort beschäftig­t sich mit einem ganz ähnlich gelagerten Fall: Die 13-jährige Emily Arnold (Meira Durand) verschwind­et mit einem älteren Mann (Andreas Lust) aus Freiburg und taucht anderthalb Jahre später wie aus dem Nichts wieder auf. Der Tatort wurde konzipiert, als noch nicht bekannt war, dass Maria H. wieder zurück in Deutschlan­d ist.

„Es wirkt so, als hätten wir Maria H. mit unserem Tatort zurückgeru­fen“, sagte die Regisseuri­n vor den Filmfestbe­suchern. Das Publikum beschäftig­te sich in den zurücklieg­enden eineinhalb Stunden mit der Frage: Wie und wann löst sich das Mädchen aus der Beziehung mit dem Mann? Laut den Filmemache­rn gibt es weitere Fälle in Deutschlan­d, bei denen Mädchen in der Pubertät mit älteren Männern abhauen.

Eine Zuschaueri­n wollte wissen, wie leicht oder schwer es sei, einen Tatort umzusetzen. Schließlic­h gebe es ja bereits viele Folgen. „Ich habe mir vorher bewusst keine Tatorte mehr angeschaut“, erläuterte Julia von Heinz. Stattdesse­n habe sie sich mit Filmen auseinande­rgesetzt, die eine große Nähe zu ihren Protagonis­ten, vor allem zu jungen Mädchen, erzeugten. Die Spannung baue sich bei diesem Tatort nämlich nicht nur durch die Mördersuch­e auf, sondern durch die Beziehung zwischen dem Mann und dem Mädchen.

Trotzdem gibt es einen Toten. Schließlic­h bräuchte es ein Kapitaldel­ikt, damit die Kommissare Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) ermitteln könnten, wie die Filmemache­r sagten. Ein Tatort ohne Toten löse beim Publikum häufig eine Enttäuschu­ng aus.

Für Kim Riedle, sie spielt die Mutter der Emily Arnold, war es in Biberach das erste Mal, dass sie den vierten Teil des Schwarzwal­d-Tatorts gesehen hat: „Ich muss das erst einmal emotional verarbeite­n.“So dürfte es auch dem ein oder anderen Filmfestbe­sucher gegangen sein, ist der Krimi doch wunderbar psychologi­sch durchdacht.

 ?? FOTO: GEORG KLIEBHAN ?? Regisseuri­n Julia von Heinz (links) hat gemeinsam mit den Darsteller­n Kim Riedle und Antonio Wannek den neuen Schwarzwal­d-Tatort in Biberach vorgestell­t.
FOTO: GEORG KLIEBHAN Regisseuri­n Julia von Heinz (links) hat gemeinsam mit den Darsteller­n Kim Riedle und Antonio Wannek den neuen Schwarzwal­d-Tatort in Biberach vorgestell­t.

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