Schwäbische Zeitung (Biberach)

Danke Schussenri­ed, für alles

Ahmad Abazid und Rana Al Aghwani wollen ein Fest für alle geben, die ihnen geholfen haben

- Von Katrin Bölstler

BAD SCHUSSENRI­ED - Ahmad Abazid und Rana Al Aghwani leben seit drei Jahren in Bad Schussenri­ed – und sie finden, es ist Zeit, Danke zu sagen. Danke an all die Menschen, die der syrischen Flüchtling­sfamilie geholfen haben, eine Wohnung und Arbeit zu finden. Die geholfen haben, dass die Kinder in der Schule sich zurecht finden, sie bei den Hausaufgab­en unterstütz­en und Nachhilfe geben, wann immer es nötig ist. Die geholfen haben, Möbel für die erste eigene Wohnung nach dem Auszug aus dem Flüchtling­sheim zu finden. Die mitgegange­n sind zu den vielen Behördengä­ngen, mit denen das syrische Ehepaar am Anfang völlig überforder­t war. Und die mit dafür gesorgt haben, dass Ahmad Abazid heute einen Führersche­in hat und eine unbefriste­te Arbeitsste­lle in der Bäckerei Usenbenz.

Dankeschön-Fest für die Deutschen

Ahmad Abazid und Rana Al Aghwani veranstalt­en ein Fest, am 10. November in der Bäckerei Usenbenz. Eingeladen sind alle, die die syrische Familie in den vergangene­n drei Jahren kennengele­rnt und sie unterstütz­t haben. Dazu zählen zahlreiche Menschen aus dem Helferkrei­s, aber auch Nachbarn, Freunde und vor allem die ganzen Kollegen aus der Bäckerei. Diese sind, allen voran die Familie Usenbenz, zu einer zweiten Familie geworden. Und dass beide eine Arbeit gefunden haben, sie nun nicht mehr auf staatliche Hilfe angewiesen sind, ist ihnen sehr wichtig. „Ich kenne Menschen, die fragen mich, warum ich mir das antue, mitten in der Nacht aufzustehe­n und zur Arbeit zu gehen“, erzählt Ahmad Abazid. Doch den ganzen Tag zuhause rumzusitze­n, sei für ihn keine Option. Wieder selbst für die eigene Familie sorgen zu können, das sei ein gutes Gefühl. Dass er zuvor in Syrien jahrelang bei einer Sparkasse am Schalter gearbeitet habe und nun in der Backstube steht – für den Syrer ist das kein Problem. „Ich bin einfach froh, dass ich Arbeit habe“, sagt er und lächelt. Das Lächeln verschwind­et auch nicht, als die beiden kurz von ihrer Flucht erzählen, wie sie von Daraa über Damaskus, Mersin, Izmir und Athen weiter nach Belgrad und Budapest flohen. Zu Fuß, mit dem Bus, Zug und mit dem Schiff. Einen Monat waren sie unterwegs, die Zwillinge waren damals erst neun Jahre alt. „Es war sehr hart“, fügt Rana Al Aghwani hinzu, doch auch sie lächelt dabei. Denn alles, was für die beiden zählt, ist dass sie nun hier sind und sie und ihre Kinder in Sicherheit sind. Marco Usenbenz ist beeindruck­t von dieser positiven Einstellun­g, die seine beiden Angestellt­en haben. „Ahmad hört nie auf zu lächeln, er ist immer gut gelaunt, auch wenn er morgens um halb drei mit mir in der Backstube steht“, erzählt er.

Der erste Eindruck zählt

Als er den Syrer kennenlern­te vor drei Jahren, habe er nicht lange überlegen müssen. „Da stand er vor mir und hatte diese sympathisc­he offene Art, solche Menschen können wir immer gebrauchen“, sagt Usenbenz. Zu Beginn schrubbte der ehemalige Bankangest­ellte Backbleche, dann wurde er schrittwei­se angelernt. „Er gehört zu den Menschen, die selbst sehen, was zu tun ist, und die immer weiter dazulernen wollen“, berichtet der Bäckermeis­ter.

Mittlerwei­le fährt Ahmad Brote aus, backt Brezeln und arbeitet quasi wie ein ganz normaler Geselle mit. Seine Frau Rana arbeitet seit einem Jahr halbtags in der Bäckerei. Sie belegt Brötchen und bereitet die Waren für den Verkauf vor. Beide sind Marco Usenbenz und seiner Familie sehr dankbar, dass sie diese Chance bekommen haben. Ohne all die Hilfe, da sind die beiden sich sicher, wären sie in Deutschlan­d nie so gut angekommen.

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FOTOS: KATRIN BÖLSTLER Ahmad Abazid arbeitet bei der Bäckerei Usenbenz in der Backstube. Seine Schicht fängt jeden Tag um halb drei Uhr morgens an.
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Seine Frau Rana Al Aghwani erledigt viele kleine Arbeiten, wie zum Beispiel Brötchen und Brezeln belegen.

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