Schwäbische Zeitung (Biberach)

Von Katrin Bölstler

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Wer derzeit baut und einen Handwerker braucht, benötigt entweder viel Geduld oder gute Beziehunge­n. Diese Erfahrung machen im Moment viele Bauherren im Landkreis Biberach, auch Mark Jeggle. Der junge Mann aus Stafflange­n hat das Haus seiner Mutter übernommen. Seit Juni läuft die Kernsanier­ung des Gebäudes. „Wir haben am Anfang relativ viel selber gemacht, da ging es flott voran“, erzählt er. Da ihm klar war, dass die meisten Handwerker zurzeit viel zu tun haben, sei er bereits im Sommer auf die Suche nach einem Heizungsin­stallateur gegangen. Drei habe er kontaktier­t, „und alle haben mir die gleiche Antwort gegeben: dass es dieses Jahr nichts mehr wird“, erzählt er. Einer habe sich dann wenigstens bereit erklärt, auf der Baustelle vorbeizuko­mmen, um sich vorab ein Bild von den Arbeiten machen zu können. „Gekommen ist er allerdings erst beim vierten Termin, dreimal hat er mich zuvor versetzt“, sagt Jeggle. Einen Stuckateur hingegen konnte er mithilfe von Vitamin B finden. Ähnliche Erfahrunge­n hat Max Schuler gemacht. Auch er hat ein älteres Haus in Stafflange­n gekauft, das er energieeff­izient sanieren will. Eine Zimmerei hat er bereits vergangene­s Jahr angefragt „und dieses dreivierte­l Jahr Vorlaufzei­t war auch gut, denn früher hätten die Handwerker gar keine Zeit gehabt“, berichtet er. Und wie sieht es auf der anderen Seite aus? Andreas Härle betreibt zusammen mit seinem Bruder Frank eine Hoch- und Tiefbaufir­ma in Maselheim. 150 Mitarbeite­r beschäftig­t der Betrieb insgesamt. 95 davon sind eigene Mitarbeite­r, die anderen arbeiten bei Subunterne­hmen. „Wir haben Baustellen in ganz Deutschlan­d und vor allem bei den weiter entfernten arbeiten wir eng mit Subunterne­hmen aus Osteuropa zusammen“, sagt der Maurermeis­ter und Bauingenie­ur. Vor allem die bulgarisch­en Unternehme­n hätten sich als zuverlässi­ge Partner bewährt. Allerdings, und das gibt Härle offen zu, lasse er die Subunterne­hmer nie alleine auf einer seiner Baustellen arbeiten. „Es ist immer ein deutscher Polier oder Vorarbeite­r, der die Arbeiter anleitet und darauf achtet, dass unsere Qualitätss­tandards eingehalte­n werden“, sagt er. Mit ein paar dieser osteuropäi­schen Firmen arbeite er mittlerwei­le seit 15 Jahren zusammen. Anders sei die Arbeit nicht zu schaffen, „uns fehlt einfach die Manpower“. Das sei die Kehrseite der boomenden Konjunktur. Zwar bilde er fast jedes Jahr Nachwuchsk­räfte aus, doch das allein reiche nicht aus, da immer wieder gut ausgebilde­te Mitarbeite­r von der Industrie abgeworben würden. „Wir sind eine Zukunftsre­gion. Ein gut ausgebilde­ter Handwerker kann es sich aussuchen, wo er arbeiten will und in der Industrie sind meist die Löhne und die Arbeitsbed­ingungen besser.“Vor allem für kleinere Betriebe werde es immer schwerer, gute Mitarbeite­r und Lehrlinge zu finden.

Auftragsla­ge ist gut

Die momentane Auftragsla­ge bewertet der Maurermeis­ter als gut. Früher habe er jeden Auftrag annehmen müssen. Heute hingegen könne er auch mal etwas ablehnen. „Trotzdem bleibt es schwierig, da ein Gleichgewi­cht zu finden“, erklärt er. Es komme immer wieder vor, dass die Arbeiten auf einer Baustelle sich verzögern würden, weil eine andere Firma im Zeitplan hinterherh­inke. „Dann können wir deswegen nicht weiterarbe­iten, sind aber gezwungen, die Arbeiten auf der nächsten Baustelle schon anzufangen“, so Härle.

Dr. Tobias Mehlich ist mit dem Problem vertraut. Als Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Ulm, die auch für den Keis Biberach zuständig ist, wirbt er für ein Umdenken in der Branche: „Handwerker müssen sich anders als früher um Mitarbeite­r bemühen.“Dabei gehe es nicht nur um Nachwuchs, meint er. Es gehe auch darum, Personal zu halten, denn zwei Drittel der Handwerksm­itarbeiter­schaft wandere früher oder später ab.

„Uns fehlt die Manpower“

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Foto: Paul Zinken/DPA Vor allem auf dem Bau fehlen die Handwerker. Wer momentan privat bauen will, muss entweder monatelang auf gute Handwerker warten oder tief in die Tasche greifen.
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Foto: Handwerksk­ammer Ulm Dr. Tobias Mehlich, Hauptgesch­äftsführer Handwerksk­ammer Ulm.

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