Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kutter sagt den Filmfestspielen Adieu
Festivalgründer gibt Intendanz an seine Ehefrau Helga Reichert ab.
BIBERACH - Die 40. Biberacher Filmfestspiele waren die letzten in der Verantwortung von Festivalgründer Adrian Kutter. Der 75-Jährige hat am Sonntagabend bei der Preisverleihung in der Stadthalle bekannt gegeben, dass er sein Amt als Intendant niederlegen wird. Nachfolgerin soll seine Ehefrau Helga Reichert werden. Sie habe den Vorstand des Filmfestvereins, der das Festival organisiert, mit ihren Gedanken und Zielen zur Weiterentwicklung der Filmfestspiele überzeugt, heißt es in einer am Sonntag veröffentlichten Pressemitteilung.
Bei der Preisverleihung am Sonntagabend gehörte die Bühne der Stadthalle aber noch einmal Adrian Kutter. Den Gedanken, sich aus der Verantwortung für das Festival zurückzuziehen, trage er schon länger in sich, sagte Kutter vorab im Gespräch mit der SZ: „Im Februar habe ich während der Berlinale meinen 75. Geburtstag gefeiert und mich gefragt: Wie lange geht das noch so weiter?“Zur Berlinale und deren Intendanten Dieter Kosslick habe er eine lange und gute Beziehung, so Kutter. „Kosslick hört im Frühjahr 2019 auf, da wäre es für mich doch auch ein guter Zeitpunkt, jetzt aufzuhören“, habe er sich überlegt.
„Festival ist so erfolgreich wie nie“
Im März habe er den Vorstand des Vereins Biberacher Filmfestspiele darüber informiert, dass er das Amt des Intendanten abgeben wolle, so Kutter: „Der Zeitpunkt jetzt ist genau der richtige.“Er wolle auf dem Höhepunkt abtreten. „Wenn ich jetzt weitermache, bin ich irgendwann 80 und dann wird es peinlich. Außerdem ist das Festival so erfolgreich wie noch nie“, so Kutter zur SZ. Die Zahlen seien konstant gut, das Publikum sei begeistert und die Filmschaffenden kämen gerne und schätzten Biberach. „Jetzt aufzuhören, ist ein wunderbarer
Moment“, so
Kutter, der die Filmfestspiele 1979 ins Leben rief. Wert legt er darauf, dass der Schritt nichts mit seiner Gesundheit zu tun habe: „Ich bin nicht krank. Ich fühle mich geistig und körperlich topfit.“
Der Vorstand des Vereins Biberacher Filmfestspiele zeigte sich dankbar über die rechtzeitige Information Kutters. „Seine Entscheidung nehmen wir mit größter Dankbarkeit und Respekt an“, heißt es in einer Pressemitteilung. Man sei sich im Vorstand einig, das Alleinstellungsmerkmal der Biberacher Filmfestspiele als reines Publikumsfestival nicht verändern zu wollen.
Die Intendantenstelle sei für die Organisation und den Erfolg der Filmfestspiele von entscheidender Bedeutung. „Die Intendanz verantwortet die Filmauswahl und lädt die Filmschaffenden sowie die Jurymitglieder ein. Zudem ist die Intendanz verantwortlich für Kontakte in die gesamte Filmbranche“, so der Vorstand.
Daher sei eine hohe Vertrauensebene zwischen dem Intendanten und
Adrian Kutter über seinen Abschied von den Biberacher Filmfestspielen
dem Vorstand notwendig. „Dies sah der Vorstand im Falle der Bestellung einer dem Vorstand unbekannten Person mit Bedenken an“, heißt es in der Mitteilung des Vereins.
Aufgrund ihrer bisherigen Mitarbeit bei den Filmfestspielen sei die Idee entstanden, mit Helga Reichert über eine mögliche Übernahme der Intendanz zu sprechen. Sie begleitet als Ehefrau von Adrian Kutter die Biberacher Filmfestspiele seit fast zehn Jahren im Hintergrund.
Helga Reichert habe mit ihren Gedanken und Zielen zur Weiterentwicklung der kommenden Filmfestspiele den Vorstand überzeugen können. „Nach einem intensiven Diskussionsprozess bot ihr der Vorstand die Stelle der Intendanz an“, teilt der Verein mit.
Für Anfragen und wichtige Kontakte in die Filmwelt sowie dem Besuch von bereits Anfang 2019 stattfindenden Filmfestivals sei eine besetzte Intendantenstelle die Voraussetzung für einen reibungslosen Übergang zum Erhalt der Filmfestspiele. Helga Reichert übernimmt den Posten zunächst kommissarisch bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung. Um diese neue Entwicklung zu erläutern und darzustellen, soll es im Januar 2019 eine außerordentliche Mitgliederversammlung geben, teilt der Verein mit. „Der Vorstand ist sich sicher, mit Helga Reichert die erfolgreichen Biberacher Filmfestspiele im Sinne der Vereinsziele, des Publikums und aller Beteiligten gut weiterentwickeln zu können.“
Seit zehn Jahren unterstützt
Dass seine Ehefrau Helga nun die Nachfolge antritt, findet Adrian Kutter gut, befördert habe er das Ganze jedoch nicht. Er traue ihr die Arbeit ohne Weiteres zu. „Sie ist gelernte Juristin, hat ihre Schauspielausbildung in Köln gemacht, dort 15 Jahre am Theater gespielt und hat mich in den vergangenen zehn Jahren schon bei den Filmfestspielen begleitet und unterstützt – sowohl in der Vorbereitung als auch bei den Moderationen“, sagte Adrian Kutter im SZ-Gespräch.
Im Übrigen kenne seine Frau auch die Spezifika des Biberacher Festivals. „Einer, der von außen kommt, hätte es da sicher schwerer.“Und ein weiterer Punkt spricht aus Kutters Sicht für die jetzige Lösung: „Wir können einen Profi von außen, der das erledigen soll, was ich bislang ehrenamtlich mache, gar nicht bezahlen.“
Dass der Verein die Intendantenstelle nicht ausgeschrieben habe, sei in der Branche nichts Außergewöhnliches. „Auch bei anderen wichtigen Festivals ist das nicht üblich“, so Adrian Kutter.
„Der Zeitpunkt jetzt ist genau der richtige.“
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