Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nur die Männer machen Probleme
Ein Jahr vor der WM in Stuttgart sind nur die deutschen Turnerinnen Weltspitze
DOHA (SID/dpa) - Fabian Hambüchens Ferndiagnose via Livestream klang ernüchtert, der Reck-Olympiasieger von Rio de Janeiro 2016 bangt um sein turnerisches Vermächtnis. „Es gibt noch viel zu tun. Besonders die Jungen müssen mal richtig in die Puschen kommen und sich den Hintern aufreißen“, kritisierte der ExWeltmeister seine Nachfolger, die bei der WM in Doha nur Mitläufer waren.
Der deutsche Rekordmeister ließ sich bei seinem Fazit auch nicht vom dritten Platz seiner langjährigen Wegbegleiterin Elisabeth Seitz am Stufenbarren blenden: „Ich freue mich aber wahnsinnig für sie, wir sind ja schon ewig gut befreundet. So habe ich Eli noch nie strahlen sehen.“
Die Männer dagegen darben. Dass die Schützlinge von Bundestrainer Andreas Hirsch selbst mit Hand anlegten, um einen kleinen Sektempfang mit Torte für Seitz, die am Sonntag 25 Jahre alt wurde, zu bewerkstelligen, manifestierte nur die interne Hackordnung: Aktuell laufen die Frauen den Männern mehr und mehr den Rang ab. Hirsch gab seinem einstigen Vorturner prinzipiell recht. Ein Jahr vor der Heim-WM im Oktober 2019 in Stuttgart plagen den Berliner Sorgen: „Der Kader ist erkennbar dünn, wir haben wenig Austauschmöglichkeiten. Wir schleppen da ein Problem mit uns herum, dass sich auch nicht von heute auf morgen lösen lässt.“
Reckspezialist Andreas Bretschneider fällt wegen eines Achillessehnenrisses bis weit ins nächste Jahr hinein aus, Routinier Marcel Nguyen und Andreas Toba scheinen über ihren Zenit hinaus. Und von Lukas Dauser war nach 16-monatiger Zwangspause noch nicht mehr zu erwarten als ein achter Platz im Barrenfinale. Nun soll und muss der Heimvorteil in Stuttgart mithelfen, um die Olympiatickets für Tokio 2020 zu sichern. „Da werden 15 Riegen um neun Plätze streiten“, sagte Alfons Hölzl, Präsident des Deutschen Turner-Bundes.
Umso erfreulicher, dass man sich um die Frauenriege keine Sorgen machen muss. Denn über StufenbarrenBronze für Seitz hinaus war auch Rang acht im Teamfinale ein Erfolg. Und dabei fehlten Teamchefin Ulla Koch sogar noch Ex-Weltmeisterin Pauline Schäfer aus Chemnitz (Fußverletzung) sowie die Stuttgarterin Tabea Alt als letztjährige WM-Dritte am Schwebebalken (Knochenödem in der Schulter). Als „Mutter der Kompanie“hält die fast 30 Jahre alte Kim Bui den Laden zusammen. „Das ist schon eine wahnsinnig geile Truppe“, sagte die Stuttgarterin. Bundestrainerin Koch sah ebenfalls eine positive Entwicklung: „Das Feld der besten Teams ist näher zusammengerückt, und wir gehören dazu.“