Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Jugend-Suche der evangelischen Kirche
Junge Menschen und Digitalisierung – beide Themen gehören zusammen, und beide Themen könnten darüber entscheiden, wie die Kirche in Zukunft gesellschaftlich wirken kann. Das machte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, deutlich. Bis Mittwoch tagt die Synode in Würzburg. Mit Kirche verbinden viele junge Menschen starre Hierarchien, Regeln und selten Spaß. Doch das höchste Parlament der verfassten Kirche will jungen Leuten gerade in den Gremien mehr Platz und Raum bieten. Sie sollen besser beteiligt werden und mitentscheiden dürfen. Wie das gelingen kann, darüber diskutieren die Synodalen. Eine Jugendkonferenz, die unmittelbar vor der Jahrestagung der evangelischen Kirche zusammentritt, ist nur eine Idee. Eine Quote für Menschen unter 30 bei Synoden, auch auf Kreis- und Landesebene, eine zweite. „Die Kirche soll lebendiger werden und mehr Kraft haben“, sagte EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm.
Dabei stellte er die Chancen und Probleme heraus, die in beiden Themen liegen. Die Kirche könne nicht für jeden Lebensstil und jede Lebenssituation ein Angebot machen. Um dieser Erwartung dennoch stärker gerecht zu werden, sei ein erster Schritt, dass die Kirche sich besser vernetzen müsse. „Die modernen Kommunikationstechnologien geben viele Möglichkeiten, die Angebote so zu vernetzen, dass Menschen das finden, was ihren Glauben stärkt“, sagte Bedford-Strohm.
Auch die Verfehlungen der Kirche im Umgang mit Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen fanden einen deutlichen Niederschlag im Bericht des Ratsvorsitzenden. Wenn die Kirche in diesen Tagen darüber spricht, wie sie attraktiver werden will für die nachfolgende Generation, muss sie auch über ihren Umgang mit sexualisierter Gewalt sprechen. „Wir sind als Kirche eine Institution, die für radikale Liebe steht. Wenn im Rahmen dieser Institution Handlungen passieren, die das Leben von Menschen zerstören, dann wird mit Füßen getreten, wofür wir stehen“, sagte Bedford-Strohm und bat im Namen des Rats um Vergebung bei den Betroffenen sexueller Gewalt. Am Dienstag wird die Synode über den Umgang mit sexuellem Missbrauch sprechen. Die EKD will zwei unabhängige Studien in Auftrag geben, die die Missbrauchsfälle aufarbeiten und gleichzeitig Handlungsempfehlungen geben.
Im Ratsbericht wurde der bayerische Landesbischof, der an der EKDSpitze die rund 21,5 Millionen deutschen Protestanten repräsentiert, auch politisch. Er bezog sich auf die Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht und zum Ersten Weltkrieg (1914-1918), der am Sonntag vor 100 Jahren endete. „Wir werden nie und nimmer zulassen, dass die Erinnerung daran verächtlich gemacht wird“, sagte er zum Völkermord an den Juden.