Schwäbische Zeitung (Biberach)
Gescannte Tulpen und verschnürte Skulpturen
In der Galerie Knoll in Oberhöfen sind Arbeiten von Luzia Simons und Stephan Marienfeld zu sehen
OBERHÖFEN - „Scan trifft Skulptur“nennt Galerist Thomas Knoll die Arbeiten, die zurzeit in Oberhöfen ausgestellt sind. Bei der Vernissage erläuterte er die Werke und den Stil der beiden Künstler.
„Luzia Simons hat eine ganz eigene Form des künstlerischen Ausdrucks gefunden“, sagte Knoll. Simons inszeniert Tulpen in einer einzigartigen Kombination aus Materialgenauigkeit und Schönheit. Die Technik, die sie dabei für ihre Arbeiten wählt, ist außergewöhnlich: Für ihre Tulpenarrangements mit dem Titel „Stockage“benutzt sie keine Kamera, sondern einen besonderen Scanner, mit dem sie eine unvergleichliche räumliche Bildtiefe erzielen kann. Die brasilianische Künstlerin ertastet die Tulpen. Sie legt die Blumen auf die Scannerplatte und heraus kommt ein Ergebnis, das sich von der Bildsprache der Fotografie deutlich unterscheidet.
Luzia Simons Motiv ist die Tulpe. Für die Künstlerin symbolisiert das Gewächs den Transfer durch die verschiedenen Kulturen. Manchmal wirken ihre Kompositionen wie ein Gemälde holländischer Meister, andere erinnern an Botticelli. Tulpen werden zu digitalen Stillleben, zur Hommage an den Barock, der Blütezeit detailgenauer Abbildungen von Obstschalen und Blumensträußen. Die Tulpenblüten wirken in den Fotoarbeiten von Luzia Simons dreidimensional. Bei ihr verbinden sich Illusionismus und Naturalismus auf einzigartige Weise.
Nicht weniger eindrucksvoll kommen die Skulpturen von Stephan Marienfeld daher, angelegt zwischen Figuration und Abstraktion mit großer Spannbreite der verwendeten Materialien Beton, Aluminium, porzellanähnliche Masse und Polyester. Marienfeld hat viele Kunstpreise erhalten und seit 2003 auch einen Lehrauftrag an der Freien Kunstakademie Essen.
Durch Umschreiten der Plastiken können Bewegung und Wandel als gestalterische Prinzipien an den Formen der verschnürten Objekte wahrgenommen werden. Die prallen Körperformen Marienfels werden durch Verschnürungen im Zaum gehalten.
Betrachter spiegelt sich in der Kunst
Der Betrachter, der sich die Aluminium-Skulpturen anschaut, wird von der Oberfläche gespiegelt, wodurch er Teil der Skulptur wird. Sein Spiegelbild taucht also auf der Skulptur auf und verflüchtigt sich, wenn er das Objekt wieder verlässt.
Zu seinen Zylinderformen wurde der Künstler durch verbeulte ColaDosen inspiriert. Der Knick soll wie eine Wunde, wie ein Schmiss wirken, der der vormals idealen Form eine Art Makel verleiht. Alle verschnürten Objekte Stephan Marienfelds atmen Rätselhaftigkeit, denn irgendwie scheinen sie etwas hinter den Verschnürungen zu verbergen, auch etwa die Zwänge unserer Zeit.
Die Ausstellung im Römerweg 19, in Oberhöfen ist bis zum 28. Dezember geöffnet. Öffnungszeiten sind nach telefonischer Vereinbarung: 0160/7081795.