Schwäbische Zeitung (Biberach)

Er ist Deutschlan­ds bester Zimmerer

Philipp Kaiser aus Zell bei Rot hat mit nur 19 Jahren die Deutsche Meistersch­aft gewonnen

- Von Katrin Bölstler

ZELL - Dass er Zimmerer werden will, war Philipp Kaiser eigentlich schon immer klar. Schließlic­h ist er in der Zimmerei seines Vaters und Großvaters quasi groß geworden. Doch dass er mit nur 19 Jahren den Titel „bester Zimmerer Deutschlan­ds“tragen würde – nein, das war nicht absehbar. Doch so ist es gekommen. Der junge Mann aus Zell bei Rot an der Rot hat sich vergangene Woche bei der Deutschen Meistersch­aft gegen alle anderen Zimmerer in Deutschlan­d durchgeset­zt. In Kürze wird er daher beginnen, mit der Deutschen Nationalma­nnschaft zu trainieren. Und falls er sich dort geschickt anstellt, kann es sein, dass er Deutschlan­d in zwei Jahren bei der Europameis­terschaft vertreten wird.

Man könnte meinen, dass es da schwer fällt, den Kopf nicht zu hoch zu tragen. Doch der Ruhm ist dem 19Jährigen noch nicht zu Kopf gestiegen. Wobei: Stolz auf seinen Erfolg ist er natürlich schon. Genau so wie sein Vater Dietmar Kaiser, bei dem der junge Mann angestellt ist. Doch das dürfen sie auch sein, denn der Weg bis hierhin war kein einfacher. Sowohl bei der Landes- als auch bei der Deutschen Meistersch­aft galt es, stets einen kühlen Kopf zu bewahren und nahezu perfektion­istisch zu arbeiten.

Die Deutsche Meistersch­aft wurde vor wenigen Tagen in Erfurt ausgetrage­n. 22 Stunden, verteilt auf drei Tage, hatten die jungen Handwerker Zeit, die ihnen gestellte Aufgabe zuerst in maßstabsge­treue Skizzen und Pläne zu verwandeln und dann zum Schluss den Entwurf zu bauen. In der Halle arbeiteten die Zimmerer dabei Seite an Seite: nur rot-weiße Bänder trennten die einzelnen Arbeitsber­eiche, Zuschauer flanierten durch die Reihen. „Das war schon nicht einfach, dabei stets konzentrie­rt zu bleiben“, erinnert sich Philipp Kaiser.

Zu Beginn der Deutschen Meistersch­aft habe er nur grundlegen­de Maße erhalten, um die Konstrukti­on zu bauen. Die genauen Zahlen musste er sich selbst ausrechnen. „Gleich zu Beginn habe ich einen Fehler eingebaut, habe das aber schnell gemerkt“, erzählt er. Bei den Berechnung­en komme es auf jeden Millimeter an, daher müsse jede Zahl exakt stimmen. Ob wirklich alles passt, merken die Teilnehmer jedoch erst, wenn sie ihr Werk zusammense­tzen, „daher ist es wirklich bis zum Schluss spannend, denn manche Fehler merkt man erst beim Zusammense­tzen der Hölzer“.

Niemals ein Bürojob

Philipp Kaiser ist froh, einen Beruf gefunden zu haben, der ihn so ausfüllt und ihm so viel Freude bereitet. „Ich habe früh für mich festgestel­lt, dass Holz ein angenehmer Werkstoff ist und dass ich gern damit arbeite“, berichtet er. Ein Bürojob, sagt er, wäre absolut das Falsche für ihn. Ihn reizt die Vielseitig­keit seines Berufs: „Du bist unterwegs, viel an der frischen Luft, wenn du zum Beispiel einen Dachstuhl aufbaust, arbeitest aber auch immer wieder mit neuen Techniken“, erklärt der 19-Jährige. Wie jeder Beruf entwickle sich auch der des Zimmerers immer weiter. Schwere körperlich­e Arbeit kann inzwischen oft vermieden werden, Maschinen erleichter­n den Alltag der Handwerker. Und obwohl immer noch viel selbst gezeichnet wird, kommen auch in diesem Beruf Computer immer mehr zum Einsatz.

All das sind Herausford­erungen, denen sich Philipp Kaiser gerne stellt. Und dass er nun, im Zuge der Wettbewerb­e die Möglichkei­t hat, sich mit so vielen anderen Zimmerern zu messen und dabei immer weiter dazuzulern­en, ist dabei natürlich die größte von allen. „Es macht Spaß zu sehen, was man alles kann und solche kniffligen Aufgaben zu lösen.“Was genau beim Training mit der Deutschen Mannschaft auf ihn zukommt, weiß er noch nicht genau. Doch es wird auf jeden Fall spannend.

„Viel zum Arbeiten kommen wird er in nächster Zeit voraussich­tlich nicht“, vermutet sein Vater und seufzt ein bisschen bei dem Gedanken, wie wenig Zeit sein Sohn in den nächsten Monaten unter seinen Fittichen verbringen wird. Doch die Freude überwiegt. Denn so eine Chance wie diese gibt es nur einmal im Leben.

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FOTO: PRIVAT Bei der Deutschen Meistersch­aft ging es darum, das von der Jury vorgegeben­e Modell so präzise wie möglich nachzubaue­n.
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FOTO: PRIVAT Und so sah das Werkstück dann fertig aus.

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