Schwäbische Zeitung (Biberach)
Stoch bewirbt sich um SPD-Vorsitz
Projekt wird zehn Millionen Euro teurer – Land will mit Kommunen über Zusatzkosten reden
STUTTGART (kab) - Andreas Stoch (Foto: dpa) will künftig auch die SPD-Landespartei führen. Das hat der Fraktionschef im Landtag am Donnerstag in Stuttgart angekündigt. Damit zeichnet sich für den Landesparteitag am Samstag in Sindelfingen ein Duell um die Spitze ab. Die Delegierten haben die Wahl zwischen Stoch und dem Bundestagsabgeordneten Lars Castellucci. Der hatte die amtierende Landesvorsitzende Leni Breymaier herausgefordert und in einem Mitgliederentscheid knapp verloren. Da Breymaier wegen des geringen Rückhalts aber nicht mehr kandidiert, hält Castellucci an seiner Bewerbung fest.
STUTTGART/LAICHINGEN - Die Kosten für den Bau des Bahnhofs Merklingen steigen massiv. Das bestätigte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Donnerstag in Stuttgart. Die Kosten sollen demnach um zehn Millionen Euro steigen – zusätzlich zu den bisher kalkulierten 43 Millionen Euro. Auf das Land entfallen davon 30 Millionen Euro, auf einen Zweckverband aus Kommunen vor Ort 13 Millionen Euro.
„Die Info ist ärgerlich und hat mich überrascht“, sagt Hermann. Zumal die Kalkulation der Kosten fundiert gewesen sei, inklusive eines Puffers. Als Hauptgrund nennt Hermann explodierende Baukosten, vor allem im Tiefbau. „Das liegt vor allem daran, dass der Bund, die Länder und die Kommunen gerade Straßen bauen wie nie.“
Wie es nun weitergeht, ist offen. Sogar ein Ende des Projekts ist denkbar. Schließlich heißt es im Finanzierungsvertrag für den Bahnhofsneubau, dass das Land höchstens 30 Millionen Euro zahlt und dass „die Errichtung des ,Bahnhofs Merklingen (Schwäbische Alb)‘ abgebrochen werden kann, falls sich abzeichnen sollte, dass dieser Finanzierungsrahmen für die sich aus diesem Vertrag insgesamt ergebenden Finanzierungspflichten nicht ausreichend sein sollte“. Die beiden Verkehrsexperten der CDUFraktion Nicole Razavi und Thomas Dörflinger zitieren Hermann, der in einem Brief an die Fraktion im August 2016 geschrieben hat, „dass das Projekt abgebrochen werden muss, sofern sich abzeichnet, dass dieser landesseitig fixierte Finanzierungsrahmen nicht auskömmlich ist.“
Im Finanzierungsvertrag verpflichten sich das Land und der für das Projekt gegründete Zweckverband Region Schwäbische Alb aber auch, vor einem Abbruch über eine Zusatzfinanzierung zu verhandeln. Er wolle noch diese Woche mit den betroffenen Bürgermeistern sprechen, sagte Hermann. CDU-Landesgeneralsekretär Manuel Hagel nimmt den Verkehrsminister in die Verantwortung: „Was keinesfalls passieren darf
ist, dass jetzt der Ball in die Region gespielt wird“, sagt der CDU-Abgeordnete aus Ehingen. Die im Zweckverband gebündelten zwölf Gemeinden hätten sich auf maximal mögliche Weise an der Finanzierung beteiligt. „Zudem war im Finanzierungsvertrag vereinbart, dass das Verkehrsministerium reagiert, sobald eine zehnprozentige Kostensteigerung absehbar ist. Dass nun plötzlich eine derartige Summe im Raum steht, irritiert mich total“, so Hagel.
Einigkeit über Weiterbau
Auf landespolitischer Ebene scheint zumindest darüber Einigkeit zu bestehen, dass der Bahnhof weitergebaut werden soll. Der Verkehrsexperte der Grünen-Fraktion Hermino Katzenstein spricht von einem „wichtigen Infrastrukturprojekt für den ländlichen Raum“, das fertiggestellt werden müsse. „Klar ist: Wir stehen zu unserer Finanzierungsverantwortung und werden uns mit den beteiligten Kommunen zusammensetzen, um über die Mehrkosten zu beraten.“
Auch der Biberacher Landtagsabgeordnete Dörflinger betont: „Da wird es kein Zurück geben. Wenn ein Projekt schon im Gang ist, ist klar, dass es dann auch realisiert werden muss.“Der Ball liege nun beim Verkehrsminister. „Zunächst muss er schauen, ob er die Mehrkosten über Umschichtungen in seinem Haushalt finanzieren kann.“Falls er das nicht hinbekomme, müssten sich die Regierungsfraktionen mit der Finanzierungsfrage beschäftigen. Kritisch äußert sich Dörflinger auch dazu, dass über den Nachtragshaushalt viel Geld für Luftreinhaltung fließt – was vornehmlich den Städten wie Stuttgart zugute kommt – und dabei vielleicht der ländliche Raum zu kurz komme. „Es ist schon so, dass, wenn für Expressbusse in Stuttgart 65 Millionen Euro fließen, das im Vergleich eine andere Zielgröße ist.“
Für den kommunalen Zweckverband ist klar, wer die zehn Millionen Euro zahlen soll: „Beim Bahnhof Merklingen handelt es sich primär um ein Landesprojekt“, sagt der Laichinger Bürgermeister Klaus Kaufmann
(parteilos) als Verbandsvorsitzender. Da der Bahnhalt eine große regionale Wirkung habe, werde der Bau ja auch von den Kommunen mit 13 Millionen Euro massiv unterstützt – das sei aber die Schmerzgrenze. „Die Kommunen sind dabei an die Grenze des Leistbaren gegangen und so manche auch darüber hinaus.“Kaufmann verweist auf die Steuermehreinnahmen des Landes von 400 Millionen Euro. „Hier bestehen also Spielräume.“
Der Ulmer Grünen-Abgeordnete Jürgen Filius appelliert indes auch an die Kommunen. „Wir brauchen den Schulterschluss aller Beteiligten, um die finanzielle Unwucht zu meistern. Da darf sich jetzt niemand in die Büsche schlagen. Aber sicher ist: Das Land lässt die Region nicht im Stich.“
Der Bahnhof Merklingen liegt an der Neubaustrecke Ulm-Stuttgart. Noch ist unklar, wann der neue Tiefbahnhof in Stuttgart angefahren wird. Die Neubaustrecke wird voraussichtlich um Jahre früher fertig als der Bahnhofsumbau in Stuttgart. Fraglich ist, in welchem Takt die Strecke vorher befahren werden kann.