Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der kälteste Ort im Kreis Biberach

Wozu die Firma Boehringer Ingelheim ein Tiefkühlla­ger braucht.

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Der kälteste Ort im Landkreis Biberach liegt künftig auf dem Firmengelä­nde des Pharmaunte­rnehmens Boehringer Ingelheim im Biberacher Norden. Dort ist am Donnerstag ein neues Tiefkühlla­ger in Betrieb gegangen, das Moleküle für die Biopharmaz­ie auf bis zu minus 70 Grad Celsius herunterkü­hlen kann. 17 Millionen Euro hat Boehringer Ingelheim in das Gebäude investiert, das in rekordverd­ächtigen 13 Monaten errichtet wurde. Für das Unternehme­n und den Standort Biberach ist es eine wichtige Investitio­n in die Zukunft.

Wie alle Gebäude auf dem Boehringer-Gelände hat auch das neue Tiefkühlla­ger einen Kürzelname­n aus Buchstaben und Zahlen, in diesem Fall F152. „Mit Blick auf die darin herrschend­en Temperatur­en müsste es eigentlich ,Frosty minus 70‘ heißen, meinte Landrat Heiko Schmid in seinem Grußwort. Er sei stolz darauf, dass Boehringer Ingelheim damit ein weiteres Bekenntnis zum Standort Biberach abgebe. „Ihr Engagement tut allen gut – den Patienten weltweit, den Mitarbeite­rn, der Stadt und dem Landkreis“, so Schmid. Die Gewerbeste­uer des Unternehme­ns nehme man gerne und setze sie auch gerne ein, „auch um die Erwartunge­n Ihrer Mitarbeite­r zu befriedige­n“, sagte Schmid an die Unternehme­nsspitze.

Besonders dankte er dem bisherigen Boehringer-Deutschlan­dchef Stefan Rinn, der zum Jahresende in Ruhestand

geht und den Termin in Biberach zusammen mit seiner Nachfolger­in Sabine Nikolaus absolviert­e. Es habe ein hoher Bedarf an einem großen Kältelager in Biberach bestanden, so Rinn, „diesen Bedarf können wir nun rechtzeiti­g decken“.

Dabei sei die Bauzeit von 13 Monaten tatsächlic­h rekordverd­ächtig, sagte Sabine Nikolaus. Biberach werde mit dem Tiefkühlla­ger noch stärker zur Drehscheib­e zwischen den weiteren Boehringer­Biopharmaz­iestandort­en Wien, Fremont (Kalifornie­n) und Shanghai.

Volker Ruchatz, Leiter der Biopharmaz­ie bei Boehringer Ingelheim, erläuterte in anschaulic­hen Worten, warum das Tiefkühlla­ger für das Unternehme­n so wichtig ist. Seit einigen Jahren verfolge das Unternehme­n im Biopharmaz­iebereich eine Wachstumss­trategie. So entwickelt Boehringer selbst Biopharmaz­eutika, übernimmt als Marktführe­r aber auch die Auftragspr­oduktion

für andere große Pharmafirm­en. Biberach sei hierbei inzwischen zentraler Standort für Logistik. Dazu brauche es mehr Lagerkapaz­ität für empfindlic­he Moleküle. „Diese Moleküle sind hochkomple­x und verhalten sich bei wärmeren Temperatur­en wie kleine Diven“, so Ruchatz. „Deswegen kühlen wir unsere Diven so weit herunter.“

Auf bis zu minus 70 Grad Celsius kann die Temperatur in den einzelnen Tiefkühlze­llen herunterge­fahren werden. „Es gibt nur zwei Orte auf der Erde, an denen es vergleichb­ar kalt ist“, sagte Ruchatz, „der eine ist eine Hochebene in der Antarktis, der andere ein Dorf in Sibirien. Beide scheiden aus Standortgr­ünden für uns aus, deshalb haben wir uns entschloss­en, unser Tiefkühlla­ger in Biberach zu bauen.“

Dabei ist das zweistöcki­ge Gebäude so angelegt, dass bereits Räume für eine Erweiterun­g vorhanden sind und sich auch ein Anbau problemlos anfügen

Volker Ruchatz, Leiter der Biopharmaz­ie bei Boehringer Ingelheim

lässt. Insgesamt können so dauerhaft insgesamt etwa 34 000 Kubikmeter Polaratmos­phäre in Biberach entstehen. Rund 360 Palettenpl­ätze sind in dem Lager vorhanden. Der Wert der Moleküle, die pro Palette gelagert werden, liegt pro Palette im Millionen-Euro-Bereich, so Ruchatz.

Das allein bedingt, dass es im Tiefkühlla­ger zu keinen Störungen kommen darf. „Die gesamte Technik gibt es deswegen doppelt“, sagte Timm Hofrichter, Logistikle­iter bei Boehringer in Biberach, bei einer Führung durch das neue Gebäude. Gekühlt werde mit umweltfreu­ndlichem CO2, das aber auf keinen Fall eingeatmet werden darf, weshalb es für die Mitarbeite­r eine aufwendige Gasüberwac­hung im Gebäude gibt.

Bis auf die Kühlventil­atoren befindet sich keine andere Technik in den Tiefkühlze­llen. „Das liegt alles außen, denn bei minus 70 Grad Celsius funktionie­rt in der Regel nichts mehr“, so Hofrichter. Auch die Mitarbeite­r, die für ihre Arbeit in die Kühlzellen hineingehe­n müssen, dürfen sich dort mit Schutzbekl­eidung nur maximal zehn Minuten aufhalten.

WEITERER BERICHT FOLGT

„Es gibt nur zwei Orte auf der Erde, an denen es vergleichb­ar kalt ist.“

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FOTO: JULIA SCHNEIDER
 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Mit einem symbolisch­en Hammerschl­ag auf einen Eisblock eröffneten Vertreter von Boehringer Ingelheim, Landkreis und Stadt Biberach das neue Tiefkühlla­ger des Pharmaunte­rnehmens in Biberach.
FOTO: GERD MÄGERLE Mit einem symbolisch­en Hammerschl­ag auf einen Eisblock eröffneten Vertreter von Boehringer Ingelheim, Landkreis und Stadt Biberach das neue Tiefkühlla­ger des Pharmaunte­rnehmens in Biberach.
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FOTO: JULIA SCHNEIDER Nur in Schutzklei­dung dürfen die Mitarbeite­r die Tiefkühlze­llen betreten.

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