Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schikanier­te

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22 Jahre Haft hat die Staatsanwa­ltschaft in Ruanda für Diane Rwigara gefordert. Die 37-Jährige soll den Umsturz der Regierung von Präsident Paul Kagame betrieben haben, so der Vorwurf. Am Donnerstag sprach ein Gericht in der Hauptstadt Kigali die wohl prominente­ste Opposition­spolitiker­in des Landes frei. Vor den Toren des Gerichts wurde Rwigara von singenden Anhängern empfangen.

Gegner von Präsident Kagame haben in Ruanda wenig Spielraum. Einige sind ins Ausland geflohen, andere inhaftiert, manche spurlos verschwund­en. Oder sie kamen bei dubiosen Unfällen ums Leben, wie der Unternehme­r Assinapol Rwigara, Dianes Vater. Dieser war Finanzier von Kagames Regierungs­partei, bis er sich mit dem Präsidente­n zerstritt. Im Februar 2015 hatte er einen tödlichen Autounfall. Seine Tochter glaubt an einen verkappten Mord – es war der Grund für sie, in die Politik zu gehen.

Im Mai 2017 kündigte Rwigara an, bei den Wahlen im Januar 2018 gegen Kagame antreten zu wollen. Sie galt als einzige Konkurrent­in, die dem Präsidente­n hätte gefährlich werden können. 72 Stunden nach ihrer Kandidatur tauchten plötzlich Nacktfotos von Rwigara auf, dann schloss man sie mit der Begründung von der Wahl aus, sie habe zu wenige Unterschri­ften von Unterstütz­ern vorgelegt. Als nächstes wurde ihr die Steuerfahn­dung ins Haus geschickt. Und nach Kagames Wiederwahl – der Präsident erhielt offiziell mehr als 98 Prozent der Stimmen – wurde Rwigara als Umstürzler­in verhaftet. Der Abschrecku­ngseffekt für andere Dissidente­n dürfte so wirksam sein, dass es auf eine Verurteilu­ng für die Regierung am Ende gar nicht mehr ankam. Schließlic­h versteht sich Ruanda als Demokratie, wie die vielen tatsächlic­h von Kagame überzeugte­n Ruander stets beteuern. Ulrich Mendelin

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