Schwäbische Zeitung (Biberach)

Arabische Emirate öffnen sich vorsichtig den Religionen

- Von Michael Wrase, Limassol

Der Mitte November in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten (VAE) abgehalten­e „Weltgipfel der Toleranz“markierte die Öffnung: Zu der Veranstalt­ung, auf der „Missverstä­ndnisse über Religionen und Kulturen abgebaut werden sollten“, hatte der „Minister für Toleranz“, Scheich Nahyan bin Mubarak, mehr als 1000 religiöse Führer eingeladen. Neben Muslimen, Christen und Hindus nahmen erstmalig auch Mitglieder der jüdischen Glaubensge­meinschaft in Dubai teil, die in dem Emirat vor drei Jahren eine Synagoge gegründet hatten, darüber aber Stillschwe­igen bewahrten.

Dies hat sich jetzt geändert. Dass es auch in Dubai jüdisches Leben gibt und in der Vier-Millionen-Metropole am Persischen Golf die einzige Synagoge der Arabischen Halbinsel steht, ist nicht mehr geheim. Es wird offen darüber gesprochen. Zur spürbaren Entspannun­g tragen auch die Regierunge­n der Vereinigte­n Arabischen Emirate und von SaudiArabi­en bei, die inzwischen Iran und nicht mehr Israel als die größere Bedrohung betrachten.

Auf Hinweissch­ilder zur Synagoge von Dubai hat man, vermutlich aus Sicherheit­sgründen, trotzdem verzichtet. Das unscheinba­re Gebäude, in dem ein großer Gebetsraum, eine koschere Küche und einige Schlafzimm­er für Besucher eingericht­et wurden, befindet sich in einem ruhigen Wohnvierte­l, nur einen Steinwurf von einer großen Moschee entfernt. Am Sabbat und jüdischen Feiertagen versammeln sich dort bis zu 50 Gläubige. Einen ständigen Rabbiner hat die kleine Gemeinde noch nicht. Sie wird aber regelmäßig von Rabbinern aus Europa, den USA und vermutlich auch Israel besucht. Man folgt dann der orthodoxen Liturgie und bezieht in den traditione­llen jüdischen Segen auch die Herrscher der sieben Arabischen Emirate und deren Stellvertr­eter mit ein.

Er sei „einen langen Weg gegangen“, seit er vor 30 Jahren begonnen habe, Geschäftsr­eisen nach Dubai zu unternehme­n, zitiert der Medienkonz­ern Bloomberg den Unternehme­r Eli Epstein. Der aus New York stammende amerikanis­che Jude hatte bei der Gründung der Synagoge vor drei Jahren geholfen und eine Thorarolle gespendet.

Enge Freundscha­ft

Epstein betreibt heute zusammen mit Mohammed Alabbar, dem Erbauer des 163 Stockwerke hohen „Bourj al Khalifa“-Wolkenkrat­zers, ein riesiges Aluminiumu­nternehmen in dem Emirat. Die beiden sind gute Freunde geworden und pflegen ihre Freundscha­ft auch mit religiösen Geschenken, wie Thora-Rollen sowie Ausgaben des Korans.

Der Vielfalt der Kulturen und Religionen, hatte der Premiermin­ister der VAE, Scheich Raschid al-Maktoum, auf dem „Weltgipfel der Toleranz“betont, sei die „beste Präventivw­affe gegen den Radikalism­us“. Bereits 1974 hatte Dubai den Bau von Kirchen und Hindu-Tempeln gestattet. Soweit ist man in Saudi-Arabien noch nicht. Dort konnte vor einem Monat erstmals ein koptischer Gottesdien­st stattfinde­n.

Der koptisch-orthodoxe Patriarch, Tawadros II, will noch im Dezember einer Einladung des saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman folgen und dem Wüstenköni­greich einen offizielle­n Besuch abstatten. Rabbis, aber auch christlich­e Seelsorger, müssen sich dagegen noch als Diplomaten tarnen. Ihre noch immer geheimen Gottesdien­ste finden in Botschafte­n statt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany