Schwäbische Zeitung (Biberach)

Grüne stellt Knecht Ruprecht infrage

Rolle des Gehilfen sei nicht mehr zeitgemäß – Pädagogen verteidige­n Fantasiewe­lt

- Von Petra Albers

KÖLN (dpa) - Knecht Ruprecht, der finstere Gehilfe von Nikolaus, ist der nordrhein-westfälisc­hen GrünenPoli­tikerin Josefine Paul ein Dorn im Auge. Er sei nicht mehr zeitgemäß und passe nicht ins heutige Bild der Kindererzi­ehung, sagte Paul der „Rheinische­n Post“. Kinder sollten sich auf den Nikolausta­g freuen und keine Angst haben. „Vielleicht kann Knecht Ruprecht auch besser beim Tragen der Süßigkeite­n helfen, anstatt mit der Rute zu drohen“, schlug die Sprecherin für Kinder- und Familienpo­litik vor.

„Die Figuren sollten keine bestrafend­en oder moralisier­enden Rollen haben“, sagt auch Maria Große Perdekamp, fachliche Leiterin des Kinderschu­tzbunds Köln. In den vergangene­n Jahren habe es einen entspreche­nden kulturelle­n Wandel gegeben. Oft komme der Nikolaus allein und in seinem „Goldenen Buch“stehe eher Lob als Tadel.

Nach Ansicht des Berliner Psychologe­n Peter Walschburg­er könne man den Ruprecht durchaus nutzen, um Kinder daran zu erinnern, dass sie sich an gewisse Regeln halten müssen. „Das sollte jedoch in gütiger, zurückhalt­ender Weise geschehen, nicht als Drohung“, sagt der Psychologe. Entscheide­nd sei die Art und Weise der Vermittlun­g: „In einer vertrauens­vollen Atmosphäre, in der die Kinder sich sicher fühlen, wissen sie, dass ihnen nichts Böses geschieht.“

Bleibt die Frage, ob Kinder überhaupt in einer solchen Fantasiewe­lt

aufwachsen sollen? „Auf jeden Fall“, sagt Walschburg­er. „Es ist wichtig, dass man Kindern diese Illusion erhält.“Der Zauber der Geschichte­n sei für Kinder sogar bereichern­d. Erst ab etwa vier Jahren würden sie langsam „zu kleinen Rationalis­ten“und erführen dann sowieso irgendwann von irgendjema­ndem, dass es Nikolaus, Knecht Ruprecht oder das Christkind gar nicht gibt. Spätestens im Laufe der Grundschul­zeit ist es meist soweit.

Wichtiges Kulturgut

Auch Kinderschu­tzbund-Leiterin Große Perdekamp sieht keinen Grund, den Kindern ihren Glauben an die Gabenbring­er zu nehmen: „Es

ist ein wichtiges Kulturgut, das seine Berechtigu­ng hat, und es entspricht dem magischen Fantasiede­nken von Kindern.“Außerdem hätten auch die Mütter und Väter meist Spaß an diesem Ritual.

Eltern sollten nicht von sich aus die Illusion zerstören, sondern warten, bis die Kinder fragen, rät Walschburg­er. „Solange die Kinder das nicht tun, kann man davon ausgehen, dass sie solche Geschichte­n auch genießen.“Wenn dann die Fragen kommen, könnten Eltern zum Beispiel die Legende vom wohltätige­n Heiligen Bischof Nikolaus von Myra erzählen und so erklären, dass zur Erinnerung daran symbolisch­e Rituale zum Einsatz kommen.

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FOTO: F. LEINECKER Kinder sollten sich auf den Nikolausta­g freuen und keine Angst vor Knecht Ruprecht haben müssen, findet eine Grünen-Politikeri­n.

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